Archiv der Kategorie 'Ausser der Reihe'

Schlüssel

Donnerstag, den 15. März 2007

••• Seit gestern gibt es hier eine verschlossene Tür. Das ist der Eingang zur Blaubartburg. Sie soll bald geöffnet werden. Doch wenn dies geschieht, werden wir – wie Judith – vor sieben weiteren Türen stehen: neugierig, wissensdurstig. Und auch diese Türen werden verschlossen sein.


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über manuskripte

Donnerstag, den 15. März 2007

1. wir ersticken an unverlangt eingesandten manuskripten.
2. ein unverlangt eingesandtes manuskript arbeitet gegen sich selbst.
3. enttäuscht eure illusionen.
4. misstraut verlagen.
5. findet eine bessere lösung.

••• KOOKbooks macht mit viel Idealismus sehr schöne Bücher mit hohem poetischen Anspruch. Die Website ist eher vorjahrhundrig, aber im Inhalt auch poetisch. Über diese bittenden Worte auf der Kontakt-Seite kann man lange nachdenken und viel diskutieren. Sie sind also sehr inspirierend. Von wie vielen Verlagswebseiten oder gar Verlagen selbst kann man das schon behaupten?

„findet eine bessere lösung.“ Na, Frau Verlegerin Seel, dann machen wir das einfach mal…

Turmsegler-Podcast

Sonntag, den 11. März 2007

Turmsegler Podcast••• Auch das noch! Der morgen geplante Beitrag hat mich auf eine Idee gebracht. Warum sollte der Turmsegler nicht auch einen Podcast haben? Gedacht, getan. Per Klick auf das Feedburner-Symbol kann man den Podcast abonnieren.

Ich habe nun nicht vor, jeden Tag die Beiträge auch in den Podcast zu sprechen. Zunächst soll es ein Test sein, ob an einem solchen Angebot überhaupt Interesse besteht. Immerhin bin ich kein ausgebildeter Sprecher, und man sollte ja bei dem bleiben, was man leidlich beherrscht. Fühlt Euch also eingeladen, Kommentare zu hinterlassen, ob ihr mit einem Turmsegler-Podcast etwas anfangen könnt und was in den Podcast aufgenommen werden sollte.

Wenn ich einmal reich und tot bin

Samstag, den 10. März 2007

••• Eben treffe ich via Spreeblick und YouTube einen Bekannten wieder: Maxim Biller. Und ich mache mir bei diesen Bildern Gedanken darüber, wie alt ich wohl geworden sein mag. Er möge mir das nachsehen.

Wir haben die Orte gewechselt. Als wir uns kennenlernten, lebte er in München und ich in Berlin. Jetzt fährt Malte mit ihm Wartburg in meiner alten Heimat, und ich finde inmitten Münchens das Buch nicht mehr, mit dem er mich initiiert hat. Das war „Wenn ich einmal reich und tot bin“, auf dem Cover ein Junge mit Cowboyhut und umgeschnallten Colts. Weil ich es nicht finde – es taucht beim Umzug nun hoffentlich wieder auf – kann ich an dieser Stelle nichts zitieren. Aber das lässt sich ja nachholen.

Als ich seine Erzählungen durch einen Zufall in die Hand bekam, hat es mich umgehauen. Er übertreibt es ja oft ein wenig oder auch ein wenig mehr. Aber Himmel, der Mann hat Power! Frech sein, das konnte ich vor dieser Lektüre in meinen Texten gar nicht. Farbe bekennen – auch so eine Schwierigkeit, die ich hatte. Er nicht.

Als diese Erzählungen erschienen, gab es etwa 10.000 Juden in Deutschland. Und es wurden immer weniger, weil die Überlebenden, wenn sie es sich leisten konnten, ihre Kinder zur Ausbildung ins Ausland schickten. Oft kehrten sie gar nicht erst zurück, sondern blieben in Israel, England, den USA. Das ganze jüdische Leben hier hatte etwas von Alte-Leute-Veranstaltung und unerträglichem Druck aus dem Gestern.

Ich trug mich herum mit einem jüdischen Thema für einen Roman, eine Familiensaga mit mystischem Hintergrund, die natürlich auch geprägt war von Toten und Exil. Aber darum sollte es nicht gehen. Wie kann man überhaupt über solche Themen schreiben als deutscher Autor? Maxim konnte mir diese Frage nicht beantworten. Aber seine Erzählungen und seine provokante Art gaben mir eine Vorstellung. Ich war nicht seiner Ansicht. Ich dachte nicht, dass es so sein müsste. Ich rieb mich an diesen Texten, lehnte vieles ganz leidenschaftlich ab. Aber aus dieser Ablehnung heraus kam mir eine Vorstellung, wie es mir gelingen könnte, die geplante Geschichte zu erzählen. So waren Maxims Erzählungen der vielleicht wichtigste Katalysator dafür, dass es mit dem „Alphabet des Juda Liva“ überhaupt etwas wurde.


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Grüsse nach Macondo

Dienstag, den 6. März 2007

Das gigantische Werk von Gabriel Garcia Márquez (sämtliche Titel sind in deutscher Übersetzung bei Kiepenheuer und Witsch erschienen) lässt sich kaum treffender charakterisieren als mit den Worten Heinrich Bölls: „Er ist eine einmalige Erscheinung, weil bei ihm das, was wir Engagement nennen, mit dem, was wir Poesie nennen, vollkommen übereinstimmt.“

Gabriel Garcia Márquez als Kind••• Herzlichen Glückwunsch an Gabriel Garcia Márquez zum 80. Geburtstag!

Ich bin ja, was Geburtstage angeht, sehr unverlässlich. Aber Hilbi hat dran gedacht. Natürlich wird von Márquez hier noch die Rede sein. Heute noch nicht, aber bald…

Mordechai und Esther

Samstag, den 3. März 2007

Claude Vignon: Esther bittet Ahasver, 1624, Musée du Louvre in Paris

Da ging Haman an dem Tage hinaus fröhlich und guten Mutes. Aber als er Mordechai im Tor des Königs sah, wie er nicht aufstand und sich nicht vor ihm fürchtete, wurde er voll Zorn über Mordechai. Aber er hielt an sich. Und als er heimkam, sandte er hin und ließ seine Freunde holen und seine Frau Seresch und zählte ihnen auf die Herrlichkeit seines Reichtums und die Menge seiner Söhne und alles, wie ihn der König so groß gemacht habe, und daß er über die Fürsten und Großen des Königs erhoben sei. Auch sprach Haman: Und die Königin Ester hat niemand kommen lassen mit dem König zum Mahl, das sie bereitet hat, als nur mich, und auch morgen bin ich zu ihr geladen mit dem König. Aber das alles ist mir nicht genug, solange ich den Juden Mordechai sitzen sehe im Tor des Königs. Da sprachen zu ihm seine Frau Seresch und alle seine Freunde: Man mache einen Galgen, fünfzig Ellen hoch, und morgen früh sage dem König, daß man Mordechai daran aufhänge. Dann geh du mit dem König fröhlich zum Mahl. Das gefiel Haman gut, und er ließ einen Galgen aufrichten.

Megillat Esther

••• Mitunter hängt, wer andern einen Galgen baut, später selbst daran. Heute vor fast 2.500 Jahren ging es mal gut für uns aus. Und hätte der Perserkönig nicht darauf bestanden, ein königliches Dekret nicht zurücknehmen zu können, wäre es sogar ohne Blutvergiessen ausgegangen.

Ich erinnere mich grad an die Verfilmung mit Joan Collins in jungen Jahren…

Die Schriften sind immer wieder eine inspirierende Lektüre. Heute ist Purim, und wir lesen die Megillat Esther gleich zweimal, einmal nachts (eben geschehen) und am folgenden Tag. Immer, wenn der Name Haman fällt, gibt es grosses Getöse: Rasseln, Knarren, Klopfen auf die Bänke und Pulte, nach dem Motto „Sein Name sei ausgelöscht“. Nachts gibt es dann reichlich Schnaps. Jetzt muss ich nur noch meine Frau überreden, dass sie wirklich die Whisky-Flasche öffnet…

Über die Menschen

Freitag, den 2. März 2007

Illustration vn Miloslav Troup

Nun war die Sonne auf der Welt. Und im Wasser schwammen die Fische, und in der Luft flogen die Vögel, und unzählige Tiere gab es auf der Erde. Aber keines der Tiere bedankte sich für die Sonne. Das gefiel den Göttern gar nicht.

„Wir werden Menschen schaffen“, beschlossen sie. „Sie werden uns nicht enttäuschen.“ Und so geschah es.

Der blaue Gott Tlaloc machte sich sogleich ans Werk. Er nahm Lehm und schuf daraus einen Menschen. Doch nicht umsonst heißt es: „Gut Ding braucht Weile.“ Der Lehmmensch, den Tlaloc geschaffen hatte, konnte nicht einmal aufrecht stehen, und kaum war er in eine Pfütze gerutscht, da löste er sich auf. Da lachte Xipe Totec und sagte kühn: „Wie kann man Menschen aus Lehm machen. Schaut her, meine Menschen werden bestehen und sich nicht auflösen!“

Und schon nahm er ein Messer zur Hand, schnitt damit einige Äste ab und schnitzte aus den Ästen Figuren. Sie lösten sich nicht auf. Also liessen die Götter sie leben.

Aber die Holzmenschen verhielten sich wie Marionetten. Ihre Gesichter zeigten kein Lächeln, ihre Augen weinten keine Tränen, – sie prügelten ihre Hunde, sie ließen die Töpfe und Pfannen so lange auf dem Feuer, bis sie anbrannten und schlugen mit Stöcken und Steinen derart aufeinander ein, daß ihre Holzglieder zerbrachen.

Die Götter schauten den Holzmenschen eine Weile zu. Sie gefielen ihnen nicht. Und die Holzmenschen nahmen auch bald ein schlechtes Ende. Eines Tages war es so weit. Alle Tiere, Töpfe, Stöcke und Steine sagten den Holzmenschen den Kampf an. Sie entzündeten große Feuer und trieben die Holzmenschen in die Flammen hinein und ließen sie zu Asche verbrennen.

Darauf sagte der schwarze Gott Tezcatlipoca: „Lehm und Holz gibt es genug auf der Welt, deshalb werden wir daraus auch keine Menschen mehr machen. Gold ist das Wertvollste, wir machen Menschen aus Gold.“


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