Archiv der Kategorie 'Ausser der Reihe'

Antichrist

Samstag, den 20. Dezember 2008

»Das Fernsehen, mein lieber Daniel, ist der Antichrist, und ich sage Ihnen, es werden drei oder vier Generationen genügen, bis die Leute nicht einmal mehr selbständig furzen können und der Mensch in die Höhle, in die mittelalterliche Barbarei und in einen Schwachsinn zurückfällt, den schon die Nachtschnecke im Pleistozän überwunden hat. Diese Welt wird nicht von der Atombombe zerstört werden, wie uns die Zeitungen weismachen wollen, sondern sie wird sich totlachen, wird an Banalität zugrunde gehen, weil sie aus allem einen Witz macht, einen schlechten noch dazu.«

Carlos Ruiz Zafón, aus: »Im Schatten des Windes«

••• Ich habe keine Ahnung, warum Zafón erzählt, was er erzählt. Aber er macht es wunderbar. Er scheint mit Márquez sozialisiert, was durch die glasklare Schule eines american creative writings durchschimmert. Ein Schmöker auf hohem erzählerischen Niveau.

Denn stark wie die Liebe ist der Tod

Freitag, den 19. Dezember 2008

Fast jeder kennt die Geschichte von Scheherazade, die 1001 Nacht um ihr Leben erzählt hat. Der Mann wollte sie immer umbringen. Weil sie so schön erzählte, ließ er sie 1001 Nacht leben. Und hat sich dann in sie verliebt. Nicht die Liebe hat gesiegt und auch nicht der Tod. Das Erzählen hat gesiegt. Die Kunst.

Elke Heidenreich

••• Irene Nießen hat mit Elke Heidenreich für das »Börsenblatt« ein Interview geführt. Gesprochen haben die beiden Damen natürlich übers Lesen. Doch auch von Musik (speziell Oper) ist die Rede und von der Macht des Erzählens.

Gedanken lesen

Donnerstag, den 18. Dezember 2008

Image extraction from cerebral blood flow

••• Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Psychoanalytiker über das Thema – nun: was wohl? – Träume. Sie sind das Material, von dem in einer Analyse die hilfreichsten Assoziationsreisen ausgehen. Nur gibt es dabei ein Problem: Man erinnert sich nur an Träume, wenn man in einer REM-Schlaf-Phase erwacht und sich den gerade geträumten Traum unmittelbar vergegenwärtigt. Da der REM-Schlaf in nahezu regelmäßigen Phasen auftritt, kann man sich durch eine ungünstige Länge der Nachtruhe in die Situation bringen, dass man sich nie an seine Träume erinnert. Dichter werden das ebenso bedauern wie die Traumdeuter.

In besagtem Gespräch meinte nun der Analytiker, er stelle sich immer vor, es gäbe irgendwann einmal eine Traumaufzeichnungsmaschine. Ganz gleich, wann man erwache, am Tag danach würde sie auf einem Projektor die Nachtträume wie einen Film abspielen. Ich fand diese Vorstellung auch sehr reizvoll. Bis vor ein paar Tagen…

Die Herzdame, die sich im Web bewegt wie ein Fisch im Wasser, hat mir einen Blog-Link zugeschickt. Die Mail trug den Betreff »Krassomat«. Und das trifft es genau.


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Eine Stimme haben

Donnerstag, den 18. Dezember 2008

Charles Aznavour
Charles Aznavour (Bild: voir.ca)

Ich war nie der Meinung, dass ich eine schöne Stimme besitze. Aber ich wusste schon früh, dass ich singen kann. Singen bedeutet für mich mehr, als einfach nur den Mund aufzureißen. Beim Singen geht es um Ausdruck, darum, zwischen den Zeilen zu lesen. Nichts gegen Leute, die beim Singen nur den Mund aufreißen. Aber sie geben einfach die Worte wieder, die sie vorher auswendig gelernt haben. Und dann gibt es jene, die sich mit dem Text, den sie singen, auseinandersetzen, die zwischen den Zeilen lesen und dem Chanson ihren eigenen Ausdruck verleihen. Ich habe dieses Talent, und das hat mir auch erlaubt zu schreiben. Man kann nicht schreiben, wenn man nichts kapiert. Obwohl, es gibt auch Leute, die kapieren nichts und schreiben trotzdem.

••• Obiges Zitat stammt aus einem Interview, das Jan Seemann für die FAS mit Charles Aznavour führte. Aznavour ist inzwischen 84 und spricht in diesem Interview vor allem über sein Schreiben.

Ich sollte mir eine Konfettimaschine zulegen, statt ein Weblog zu führen…

[via Lotree]

Literaturtermine in München

Donnerstag, den 4. Dezember 2008

••• Über Literaturtermine in München informieren übrigens online die »Literaturseiten München«, die man auch als Feed abonnieren kann.

via: snowflakes & blackvampires

Ponte Milvio

Montag, den 1. Dezember 2008

Vorhängeschlösser an der Ponte Milvio
Vorhängeschlösser an der Ponte Milvio

••• Die Vorhängeschlösser an der Ponte Milvio in Rom sind das schönste Kompliment, das man als Autor bekommen kann.

Dass ganz Rom voll ist von Liebesschwüren junger Römer liegt an Autor Federico Moccia. Der Römer und Bestseller-Autor beschreibt in seinen Büchern Romanzen zwischen Teenagern, die von der großen Liebe träumen und dafür alles tun: Sie sprühen Liebesschwüre an Hauswände und sie kaufen Vorhängeschlösser, schreiben mit Edding ihre Namen drauf und klicken sie an das Geländer der alten römischen Tiberbrücke »Ponte Milvio«. Nachdem das Buch »Ho voglia di te« erschienen war – auf deutsch heißt es »Ich steh auf dich«, kamen innerhalb von Wochen tausende Jugendliche an die Brücke und befestigten Vorhängeschlösser am Geländer und an den Laternen der Brücke. Doch weil einige der Laternen unter der Last wegknickten und der römische Stadtrat den Wert der Liebesschwüre gegen den Wert der Laternen aufrechnete, montierte die Stadt auf der Brücke eigens Metallstangen, an die man nun legal seine Vorhängeschlösser befestigen kann – den Schlüssel wirft man danach übrigens in den Tiber.

weltreporter.net

I lucchetti dell'amore
I lucchetti dell’amore

Fernsehen mit Elke

Sonntag, den 30. November 2008

Lesen! – nun bei litcolony.de

••• Ich habe seit Jahren keinen Fernseher mehr und vermisse ihn nicht die Bohne. Vieles erfahre ich so erst mit Verzögerung. Das ist mitunter ein Segen. Auch das Hallo um Marcel und Elke anlässlich und im Nachgang des letzten Deutschen Fernsehpreises habe ich nur aus Youtube-Videos und Kolumnen mitbekommen. Auch das: rechtzeitig genug.

Elke Heidenreich hat ziemlich schnodderig über ihren Arbeitgeber geredet. Das Ergebnis: Das ZDF ist nunmehr ihr »gewesener Arbeitgeber«. Über das »Literaturcafé« erfahre ich jetzt, das Elke Heidenreich ihre Sendung »Lesen!« künftig nicht mehr im Fernsehen, sondern im Internet bringt. Das ist doch wunderbar, denke ich: Auch ohne Fernseher kann ich künftig mal reinschauen, was Elke so liest und empfiehlt – und zwar dann, wann es mir gefällt und gerade passt. Das ist einer der Vorteile von asynchronen Medien. Ein weiterer Vorteil ist: Man muss keine Rücksichten auf Arbeitgeber nehmen und kann reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist.


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