Der Morgen ist nah
/Richard/ Der Morgen ist nah, und bald werden wir aufbrechen müssen. Am Tagufer wartet das Boot, das uns fortbringen wird. Und die Koffer stehen bereit. Das sind die Koboldkoffer, die Regentropfenkoffer, die mit Zeitungspapier ausgestopfte Brust.
Doch dieses Gepäck ist zu schwer und wird uns auf der Reise nichts nützen. Am anderen Ufer wartet kein neues Leben. Wir müssen alles verschenken, bevor das Boot ablegt, die Tür öffnen und die Worte hinauslassen. In ganzen Sätzen sprechen ohne Furcht vor Verrat.
Es ist wohl zu spät, noch einmal von zu Hause aufzubrechen, die Tür zu schließen, die Treppe hinunterzugehen, auf den Hof hinaus. Es ist wohl zu spät, mich umzudrehen und zu dir hinaufzuwinken. Dieser Weg ist abgeschnitten.
Aber ich kann noch eine Hand nehmen und ein Gesicht streicheln. Ich kann noch einer Haut die Gewißheit schenken, daß jede Pore lebt. Einen Satz habe ich noch, und ein Kuß ist mir geblieben. Und ich kann auch das Boot mit kräftigen Schlägen über den nächtlichen See ans andere Ufer rudern und dir die Angst vor dem Abschied nehmen. Ich bin noch nicht tot.