Einer kreolischen Dame

Im Land der Düfte, sonnenüberglutet,
Seh ich in purpurroter Gärten Nacht,
Wo holde Trägheit von den Palmen flutet,
Ein fremdes Weib voll seltsam fremder Pracht.

Das Antlitz bleich, doch klar und warmdurchblutet,
Die schlanke Zauberin, bewusst der Macht,
Geht wie Diana stolz und hochgemutet,
Im sichern Blick ein stilles Lächeln wacht.

Kommst schöne Frau du einst zum Ruhmeslande,
Zur Seine, zu der grünen Loire Strande,
Dann wirst du alter Schlösser schönste Zier.

In schattigen Lauben weckst du, gleich Gebeten,
Die Lieder auf im Herzen der Poeten,
Die unterwürfiger als Sklaven dir.

Charles Baudelaire
aus: „Les Fleurs du Mal – Die Blumen des Bösen“
Übertragung: Therese Robinson
© Georg Müller Verlag München (1925)
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