Die Riesin
Zur Zeit, da der Natur, der kräftevollen.
Gewaltige Kinder gross und wild gediehn,
Hätt‘ ich bei einer jungen Riesin leben wollen,
Wie eine Katze auf der Königin Knien.
Ich hätt‘ erspäht in ihrem Spiel, dem tollen,
Des Leibes Wachsen und der Seele Blühn,
Den leichten Tau, der ihrem Aug‘ entquollen,
Der tief versteckten, düstern Flamme Glühn.
Hätt‘ ihrer mächtigen Glieder Pracht umstreichelt,
Auf ihre stolzen Kniee mich geschmeichelt,
Und manchmal, wenn die kranke Sommerglut
Sie müd dahingestreckt auf sonnigen Matten,
Hätt‘ schlummernd ich an ihrer Brust geruht,
Ein friedlich Dorf in mächt’ger Berge Schatten.
Charles Baudelaire
aus: „Les Fleurs du Mal – Die Blumen des Bösen“
Übertragung: Therese Robinson
© Georg Müller Verlag München (1925)
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