Heimweh

11. Februar 2007

Wasserturm Prenzlauer Berg Berlin Germany••• Fast auf den Tag zwölf Jahre ist es her, dass ich mit einem Computer, einem Koffer und ein paar Kisten in München angekommen bin. Die ersten drei Jahre habe ich in Sklaverei verbracht. Ich ging um 9 in die Redaktion, kam gegen Mitternacht nach Hause, sah mir die Nachtwiederholung der täglichen Startrek-Folge an und fiel ins Bett. Die Wochenenden verbrachte ich meist auch im Büro oder flüchtete nach Berlin, woher ich gekommen war.

Von München habe ich nichts mitbekommen. Und überhaupt: Das war ja alles nur vorübergehend, und früher oder später würde ich wieder zu Hause sein. Selbst, als ich meine spätere Frau kennengelernt hatte, fuhren wir nach Berlin und spähten einige Strassenzüge aus, in denen sich wohnen liesse.

Nachdem ich aber hier geheiratet, eine Firma gegründet und wieder geschlossen und zwei Kinder bekommen habe, die nun auch schon drei und vier Jahre alt sind – da sollte man doch meinen, ich wäre jetzt langsam hier angekommen. Das bin ich wohl auch. Und dennoch: als ich letztens auf der Suche nach lesenswerten literarischen Blogs in einem echten literarischen Salon landete, da befiel mich für einen kurzen, doch spürbaren Moment eine modeste Melancholie, die man für Heimweh hätte halten können. Und das hatte gar nichts zu tun mit dem vor Jahren zurückgelassenen Ort. Es hatte etwas zu tun mit den zurückgelassenen Freundschaften, den vielen und langen Gesprächen in jenen Tagen, da alles und jedes für uns in Literatur getaucht war.

Daran erinnert mich der Salon von Madame Modeste. Obendrein pflegt man dort, wenn man auch unter Nicknamen kommentiert, einen sehr kultivierten Umgang miteinander. Mit freundschaftlichstem Sie tauscht man sich aus, und das alles in der Umgebung von kurzen Prosatexten aus Madames Feder, die sehr lesenswert sind, und zwar nicht nur, wenn sie einen unverhofften Moment des Heimwehs provozieren. – Keine Frage also: Dieser literarische Salon in der alten Heimat gehört auf die Rolle.

Die Blogroll bei Madame Modeste steht übrigens unter dem Titel „Woanders ist es auch schön“. Das lässt auf einiges hoffen. Ich werde mich langsam vorantasten.

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