Kinski Jesus Christus Erlöser
••• Als Jugendlicher war ich unverbrüchlicher Kinski-Fan. Ich liebte ihn in den Herzog-Filmen und als Autor nicht minder. Ich hatte auch gar nichts einzuwenden gegen den Größenwahn. Wenn einer – und das meinte ich – der größte Schauspieler des 20. Jahrhunderts ist, warum soll er sich nicht selbst so nennen?
Ein wenig bröckelt die Bewunderung in den letzten Jahren. Ich glaube, der Zersetzungsprozess begann, als ich Herzogs Reportage über die Zusammenarbeit mit Kinski sah. (Kinski hätte natürlich umgehend zu Protokoll gegeben, der Idiot und Nichtskönner Herzog hätte das alles erfunden.)
Eindrücklich waren die Passagen über den Dreh von „Fitzcarraldo“. Die Indianer, Menschen von derartiger Sensibilität, dass sie einander nicht einmal die Hände schütteln, sondern sie zur Begrüßung streicheln, jene Indianer erboten sich Herzog gegenüber, Kinski zu erschlagen. Und wenn man die Aufnahmen von den Szenen in den Drehpausen sieht, verwundert das nicht. Ein Mensch, der so herumschreit und andere tyrannisiert, war nach ihrem Geschmack nichts anderes als abgrundtief böse.
In „Ich brauche Liebe“ schreibt Kinski auch über den Abend, an dem er vor voller Halle „Jesus Christus Erlöser“ zu Gehör bringen wollte. Das liest sich bei ihm freilich nicht als Desaster. Den Film, der nun gerade in die Kinos gekommen ist und der mit allem verfügbaren Ton- und Film-Material diesen Abend dokumentiert, wollte ich mir unbedingt ansehen. Nachdem ich obigen Trailer gesehen habe, bin ich mir aber nicht mehr sicher. Die Kommentare der Bürger – anders kann ich es beim besten Willen nicht nennen – schlugen mir flugs auf den Magen.
Soll ich mich an einem – wie es dort heißt – scheiternden Kinski delektieren, der Demontage eines größenwahnsinnigen Genies beiwohnen? Ich weiß nicht. Für mich zählen am Ende die Werke, die Filme also und das Buch. Aber darüber hinaus hätte ich ihn – und ich kann nicht erklären aus welchem Grund – auch gern noch gemocht, als Mensch. Das gelingt aber schlecht vor dem Hintergrund solcher Retrospektiven.
Am 21. Mai 2008 um 01:13 Uhr
Ich kann ja den Film erst mal alleine anschauen. :)
Und wenn dir sein Werk gefällt, dann wird sich auch nach dem Film nichts ändern. Egal ob man ihn mag oder nicht, ein besonderer Mensch war er.
Am 21. Mai 2008 um 14:05 Uhr
wieso sollte irgendjemand plötzlich aus allen wolken fallen, was kinski betrifft? ist mir gerade ein rätsel. nichts davon fiel jemals unter den tisch.
unabhängig von seinen filmen, zählt er zu den besten rezitatoren von weltliteratur. dass er das pack beschimpft – na und? macht er recht human, ich hätte sie schlimmer angegangen.
Am 21. Mai 2008 um 15:09 Uhr
Das Fitzcarraldo-Ding wirkt fast wie eine geschnittene Szene. :-)
Schwer einzuordnen (mir etwas schmerzhaft, weil Herzog ebenfalls ein Genie ist, aber ich kenne die Hintergründe des Zerwürfnisses nicht). Wenn man beispielsweise dieses Interview ansieht, wird aber offensichtlich, was ihn so auf die Palme bringt. Da hat er nun mal recht, und es dauert immerhin fast 10 Minuten, bis er austickt.
Es macht mich fast neidisch – ich habe Jahre „an mir gearbeitet“ (wie man so blödsinnig sagt) um meine angeborenen Tobsuchtanfälle unter Kontrolle zu bekommen. Die Folge ist, dass alles andere nun mich unter Kontrolle hat und sich Aggression gegen mich selbst richtet (oder schlimmer: ich erkenne manchmal nicht mehr, was mich wütend machen müsste). Die nächsten Jahre werde ich jedenfalls an den anderen arbeiten. Auch wenn ich mir Kinskitum in Reinform natürlich nicht leisten kann (im Gegensatz zu p.-, hehee!), aber die Richtung stimmt. :-)
Am 21. Mai 2008 um 19:02 Uhr
Interview mit Kinski über die geplante Tournee
Das Interview ist in der Tat infam. Eine solche Journalistin kann man nicht anders behandeln.
Am 21. Mai 2008 um 19:11 Uhr
mmmmm dieser Kinski-Mann ist ziemlich kompliziert!
Am 21. Mai 2008 um 19:15 Uhr
In dem Interview finde ich ihn sehr unkompliziert. Die Interviewerin ist von Anfang an auf Zoff aus und macht nicht einmal einen Hehl daraus.
Am 21. Mai 2008 um 19:49 Uhr
ja und er zappelt wie ein Fisch.
Am 21. Mai 2008 um 20:59 Uhr
SIE zappelt wie ein Fisch. Es ist wirklich oberpeinlich.
Wenn ich mir den Fitzcarraldokrach recht überlege … Im Grunde ist das auch nicht weltbewegend. Jeder reizbare – oder wehrhafte, je nach dem – Mensch reagiert so, manchmal überläuft das Fass wegen einer Bagatelle, aber das Fass muss sich vorher gefüllt haben. Der Unterschied ist nur, dass Kinski berühmt war und im Augenblick der Eskalation gerade in einem Wald von Kameras stand, und dann steht die Welt Kopf. Dabei könnte das genausogut eine häusliche Szene des Hans Muster sein.
Am 28. Mai 2008 um 15:57 Uhr
Schauen Sie sich »»» Zulawskis NACHTBLENDE an. Was immer Kinski an Übertreibung in sich hatte, nach diesem Film werden Sie ihn alle ehren. Nicht bewundern, nein, ehren.
Am 28. Mai 2008 um 16:59 Uhr
da bin ich aber mal gespannt.
Am 29. Mai 2008 um 13:07 Uhr
den und seinen PAGANINI. nichts zwar gegen die herzog-filme, aber ich bin dennoch der meinung, kinski entdeckt man nicht unbedingt in seinen erfolgen, weil ich diesen für die frage nach dem genius immer für zweifelhaft halte. kinski hat für geld alles gespielt, so daß sein eigentlicher künstlerischer anspruch schwer aufzufinden ist.
Am 26. Januar 2012 um 20:00 Uhr
Ich persönlich empfinde Walter Herzog, der auch gerne mal mit kräftiger Stimme oder zumindest in einem normalen Tonfall spricht, klingt in der Dokumentation bei der besagten Szene mit den Indianern etwas zu sehr wie ein „Pferdeflüsterer“
Der bekannte „Ausraster“ von Christian Bale erinnert übrigens stark an Kinski
Bietet sich eigentlich dazu an dass man diesen mit dem gleichen Tonfall wie Herzog kommentiert und dabei den „Verdienstvollen Beleuchtungstechniker“ erwähnt.
Und Charlie Sheen hat hinsichtlich seines Benehmens dann wohl sowohl Kinsky als auch Bale in die Tasche gesteckt.
Was Walter wohl dazu flüstern würde :-)