Die alten Bauern sagen, daß am Binsenbruch
sie eines Tages des Büdners junge Magd gefunden,
die hing, den Rock kreuzweis mit Bast
eng unter den Knien zusammengebunden,
erwürgt am langen Schultertuch,
wippend am niedern Nußbaumast.
Die alten Bauern sagen, daß seit jenem Tag
kein Pferd das Laub des Nußbaums fressen mag,
und daß das Vieh, wenn es im Umkreis weidet,
den giftigen Schatten dieses Nußbaums meidet.
Die Bauern überliefern, daß sommers in dem Tal
die grünen Raupen fressen die grünen Bäume kahl.
Peter Huchel (1903-1981)
aus: „Gesammelte Werke, Bd. 1, Die Gedichte“
© Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. Main, 1984
••• Ein Nachtrag noch zum Poesiealbum 277 mit Gedichten von Peter Huchel. Das hier, fällt mir auf, wäre beinahe ein Sonett geworden. Beim ersten Lesen fielen mir tatsächlich nicht einmal die Reime auf, so gefangen war ich vom Bild der Magd im Nussbaum. Huchel nimmt es auch nicht so genau mit dem Versmaß. Aber das kann diesem Gedicht nicht das Geringste anhaben.