L’Heautontimoroumenos

Ich treff‘ ins Herz dich ohne Hassen,
Ein Henker ohne Zorn und Pein,
So schlug einst Moses auf den Stein!
Und Fluten will ich strömen lassen

Aus deinem Aug‘, ein Meer von Weh,
Um meine Wüste neu zu tränken,
Und stolz will ich die Wünsche lenken
Auf deiner Tränen salziger See.

Dein liebes Schluchzen und dein Klagen,
Dein wilder, hoffnungsloser Schmerz
Wird mir berauschend an das Herz
Wie Sturm und Trommelwirbel schlagen.

Bin ich der grelle Missklang nicht
In diesem reinen Weltentönen
Dank der Gewalt, die, mich zu höhnen,
Die Seele rüttelt, reizt und sticht?

Denn in mir ist ein Schrei voll Grauen!
Ein Gift in mir, so schwarz und wild!
Ich bin der Spiegel, drin ihr Bild
Die Furien und Megären schauen!

Ich bin die Wange und der Streich,
Ich bin das Messer und die Wunde,
Glieder und Rad zur selben Stunde!
Opfer und Henkersknecht zugleich!

Der Vampir, der sein Blut muss saugen,
Der Einsamkeit verlorener Sohn,
Mein Mund, verdammt zu ewigem Hohn,
Will nimmermehr zum Lächeln taugen!

Charles Baudelaire
aus: „Les Fleurs du Mal – Die Blumen des Bösen“
Übertragung: Therese Robinson
© Georg Müller Verlag München (1925)
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Eine Reaktion zu “L’Heautontimoroumenos”

  1. Aristobulus

    Wer hätte je gedacht,
    dass Leben lacht?

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