willst du den hohlweg
nehmen
oder
durch grosse wasser
in andere welten tauchen?
du weisst es: auf dieser seite des spiegels
halte ich alle tore besetzt
mit blauem blick und flammenschwert
und führe dich auf jedem pfad
durch adergeflecht labyrinthe und dschungel
doch immer wieder zu mir
willst du den hohlweg nehmen
oder den fluss? den fährmann
zahlt niemand mit liebe
auf der anderen seite
das weisst du auch
wachsen feuerschlünde und paradiese
aus deinen eigenen augen dir zu
du fliehst auf den strand
doch es bleibt selbst im abdruck
des fusses im sand
noch genügend von dir
dich zu kennen
willst du den hohlweg nehmen
oder das meer?
du ahnst es: es führen
tausend wege hinein
doch keiner heraus
so bleibst du
mit mir gefangen
© Benjamin Stein (2007)
••• Manchmal beängstigt es mich, mit welcher Wucht die Worte hervorbrechen, wenn ich nur für eine kurze Zeit die Tür zum Aussen schliessen kann. Heute führte ein Nachhorchen auf Celans Zeile „… und ich bleib dir ein Hohlweg im Herzen“ zu diesem „Selbstporträt als Seraph“, das mir wie eine erste Annäherung an das Thema des geplanten neuen Buches „Mayim Rabim“ vorkommt und gleichzeitig beinahe das ganze Thema aufblättert. Die Mikveh (die grossen Wasser), der Fluss und das Meer – die alle als rituelles Tauchbad dienen können, als Relaisstation beim Wechsel in eine andere Identität. Wobei die Frage aufkommt, wie viel von uns wir zurücklassen könnten in einem solch magischen Tauchbad, das uns den Weg eröffnet in einen alternativen, einen vielleicht ganz gegensätzlichen Lebensentwurf.
Aber wenn ich bedenke, für wie lange ich mich wieder einmal ganz in mich zurückziehen müsste, um diese Prosa zu schreiben, dann frage ich mich, ob ich es überhaupt wagen kann.
Die äusseren Enden meiner Herzensverbindungen – ob zu meiner Frau oder zu meinen Kindern – sie hängen derzeit an so seidenem Faden, dass ich Angst habe, sie würden zerreissen, wenn ich mich auf diese Reise mache.
Und welches Buch wäre das wert?
Am 26. November 2007 um 09:00 Uhr
[…] heute war sie schliesslich der Ausgangspunkt für ein “Selbstporträt als Seraph”. Das freilich hat mit dem Thema des obigen Gedichtes gar nichts zu tun. Aber ich wollte das Gedicht […]
Am 26. November 2007 um 10:05 Uhr
Ich hoffe, du findest einen Weg, das Buch zu schreiben, denn Deine Prosa ist stark, Benjamin.
Am 26. November 2007 um 12:04 Uhr
Im Moment ringe ich ohnehin noch mit mir, in welche Form und welchen Umfang das Projekt münden soll. Mir ist ganz klar, was ich erzählen möchte; auch Umrisse der Figur(en) habe ich vor Augen. Aber so eine Prosa braucht eine poetische Transformation. Und wie die aussehen soll, darüber bin ich mir noch nicht schlüssig.
Weiss ich das erst einmal, kann ich einen Versuch machen, einen Teil schreiben und sehen, wie ich mich dabei verhalte. Ich hoffe ja doch, dass es gelingen kann – ohne Anfälle von Autismus :-)
Am 30. November 2007 um 00:04 Uhr
[…] Dass mit dem “Selbstbildnis als Seraph” etwas nicht stimmte, schwante mir schon, als ich am letzten Sonntag den Publish-Button […]