Alle Leben seien gleich, sagte die Mutter, bis auf
die Kinder. Die Kinder, da wisse man nichts.
Stimmt, sagte der Vater, die Kinder, da weiß man nichts.Marguerite Duras »Sommerregen«
••• Da hat jemand sein erstes Paar Schuhe bekommen …
Seit gestern, Schabbat ha-Gadol, 28. März 2015 / 8. Nissan 5775 ist Leo unter uns. Mutter und Kind sind wohlauf, und wir sind schon zu Hause. Was für schöne Tage!
Von Undine Materni kam dieses Gedicht als Gruß. Lieben Dank dafür!
Verlust – vorausgenommen
als ich das erste mal sagte: mein sohn
meinte ich nicht diesen winzigen menschen
als ich das erste mal sagte mein sohn
war eine tür zugeschlagen
eine tür die ich nicht sehen konnte
weil sie überall war
das staublicht der eigenen kindheit
ergoss sich ein letztes mal über mich
und im heftigen schmerz der geburt
nahm ich abschied von mir
als ich dann mein gesicht
im spiegel betrachtete
war eine fremde frau im zimmer
die alle farben der welt mischte
um nicht mutter zu heißen
mutter war die metapher für
exakt geformte schlüssel
die jede tür öffnen und verschließen können
mutter waren riesige hände
die aus zöpfen kunstwerke formen
die nur fremde bewundern
mutter waren wolken aus mehl
süßem honig und bitterem tee
mutter war das blasse licht unter der tür
und die verzweifelten worte
am monatsende wenn das geld
durch den vater floss
traurig und gelb
mutter war die winzige wohnung
das beschattete bad
mutter war immer weggehen wollen
um wiederkommen zu müssen
als ich das erste mal sagte: mein sohn
war ich eine mutterfrau
eine fraumutter eine muttertochterfrau
ein russisches holzpüppchen
fein verziert und mit giftigem lack überzogen
eine wie alle und
war es doch
die sich an liebe versuchte
wie am ersten gesprochenen wort –
Am 17. Juni 2015 um 16:36 Uhr
Unerlaubter (?) Glückwunsch. „Die Kinder, da wisse man nichts.
Stimmt, sagte der Vater, die Kinder, da weiß man nichts.“ – ein Glück. So taugen die Kinder als Lehrer. Mehr noch die Baby: da weiß man gar nichts.