northern lights moon – © 2003-2007 *ssilence@deviantart.com
Es war, als hätt‘ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt‘.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
Joseph von Eichendorff (1788-1857)
••• Assoziationen gehen manchmal verschlungenste Wege. „Eichendorff? Ham wa nich!“ – blitzte es auf irgendwo im assoziativen Gedächtnis. Tatsächlich gibt es unter meinen Büchern keinen Eichendorff-Band. Aber es gibt doch – zumindest dieses eine – Gedicht von ihm, in Silben zerlegt unter den Noten zu Schuberts Vertonung aus dem „Liederkreis“. (Eine Aufnahme finde ich leider grad nicht für den Podcast.)
Das Notenheft ist ziemlich alt und zerfleddert. Ich hebe es wohl noch immer auf in der Hoffnung, eines Tages wieder Gesangsstunden zu nehmen. Leider finde ich seit längerem keinen Lehrer in München, der zwischen 00:30 und 01:30 Stunden gibt. Aber ich suche weiter…
Als ich etwa 11 oder 12 war, hatte ich mir in den Kopf gesetzt, Klavierspielen zu lernen. Das es nichts anderes sein konnte, lag an meiner Initiation für die klassische Musik. Nachdem ich mich als Knirps mit Samuil Marschaks „Tierhäuschen“ infiziert hatte, musste die Schallplattensammlung meiner Eltern dran glauben. Umfangreich war sie nicht. In meiner Zuneigung schwankte ich heftig zwischen Oistrachs Interpretation von Beethovens Violinkonzert und den Rubinstein-Aufnahmen von Chopins Klavierkonzerten. Rubinstein gewann und überhaupt die Klavierkonzerte: Schumann und schliesslich Rachmaninov, da war es dann endgültig entschieden.
An Klavierunterricht war aber nicht zu denken. Erstens war in der Puppenstube, die unsere vierköpfige sozialistische Familie bewohnte, beim besten Willen kein Platz für ein Klavier. Und zweitens fand sich in der schmalen Haushaltskasse meiner Eltern auch nicht das nötige Kleingeld – weder für ein Instrument noch für einen Lehrer. Aus diesem Traum wurde also nichts. Aber ich habe das mit dem selbst „Musizieren“ doch nie ganz aufgeben wollen. Im letzten Abiturjahr übernahm ich die wöchentliche Reinigung einer ganzen Etage unserer Schule. Ich glaube, das waren sechs oder sieben Klassenräume, die gefegt und gewischt werden mussten. Das brachte einen ansehnlichen Nebenverdienst, von dem ich mir Gesangsstunden leisten konnte. Da musste man wenigstens nichts für ein Instrument hinblättern; und man konnte rapide Fortschritte machen.
Der Lehrer machte mir einen guten Stundenpreis unter der Auflage, zusätzlich einmal in der Woche im Chor der Musikschule mitzusingen. Das war kein Opfer, es machte einen Heidenspass. Was ich nicht verstand: dass ich nach kurzer Zeit unbedingt auftreten sollte. Ich wollte singen, aber mich nicht aufführen. So trennten sich hier bald die Wege von Lehrer und Schüler, weil letzterer keine Ambitionen hatte, singend ins Rampenlicht zu treten. Meine literarischen Ambitionen waren schliesslich so gross, dass sie allen verfügbaren Raum einnahmen.
Deswegen also findet sich Eichendorffs „Mondnacht“ in einem zerfledderten Liederheft in meinem Regal. Und warum kein Eichendorff-Band? – Tja, das ist eine Geschichte für einen anderen Tag.
Am 23. Oktober 2007 um 09:17 Uhr
[…] Vollmond lässt mich dieses wunderschönes Gedicht erinnern, welches ich allerdings nur in vertont textigem Zustand im Kopf habe. Es ist Müllers/Schuberts Dialoglied “Der Müller und der Bach”, die vorletzte Szene aus Schuberts tragischem Liederzyklus “Die schöne Müllerin”. Der Protagonist, ein junger Müller, sucht in seinem Liebesschmerz Trost beim ewigen Lied des Baches, in dem er sein nasses Grab finden wird. […]