••• In der Sendung »Büchermarkt« des Deutschlandfunks ging es heute um Edmund de Waals »Der Hase mit den Bernsteinaugen« und um »Replay«. Nach der sehr erfreulichen Besprechung in der »Frankfurter Rundschau« stellte Anja Hirsch den Roman nun auch im Funk vor, sehr sympathisch, wie ich finde.
Tatsächlich inszeniert Benjamin Stein in seinem schmalen Roman selbst ein Bild im Bild im Bild. Sein Objekt ist der heutige Mensch, der im Begriff ist, nach dem Apfel zu greifen. Er begleitet ihn gnadenlos bis zur Verlorenheit nach dem Fall. Der Unterschied zur biblischen Urszene liegt auf der Hand: Das moderne Paradies, welches dank UniCom möglich wird, ist ein nur von Menschen geschaffenes, künstliches Paradies. Es kann jederzeit abgeschaltet werden. Mit diesen Anspielungen an biblische und mystische Kontexte öffnet Benjamin Stein seinen Roman hin zu grundlegenden Fragen. Was passiert, wenn statt eines unhinterfragten Glaubens das Wissen ohne Moral regiert? Kann ein System, das auf freiwilliger Selbstkontrolle beruht, wie sie Ed Rosen kraft seines ganzen Körpereinsatzes abverlangt wird, überhaupt funktionieren? Genauer: Wohin führt es? Und: Wo fängt es an, wo hört es auf, wer kontrolliert hier überhaupt wen? Die Frage nach dem Anfang und Ende ist möglicherweise die spannendste Frage nicht nur dieses Romans, sondern des Autors Benjamin Stein. Nach seinem Roman »Die Leinwand« hat er jetzt in »Replay« unsere Gegenwart im Laufschritt überholt und die vorausgeworfenen Schatten ausgemessen.
Deutschlandfunk, Büchermarkt, Sendung vom 06.04.2012