Die lebende Fackel
Es schreiten mir voran zwei Augen voller Glühen,
Ein Gott gab ihnen einst die magische Zaubermacht;
Ein hehres Brüderpaar, mein Brüderpaar, sie ziehen
Und streun demantne Glut in meiner Augen Nacht.
Sie schützen mich vor Schuld und Fall und Strafe,
Sie führen mich zur Schönheit sanft und lind,
Sie sind mir Diener, und ich bin ihr Sklave,
Und der lebendigen Fackel folg‘ ich blind.
Ihr holden Augen strahlt so heilig rein,
Wie Kerzen, die am lichten Tage wehen.
Der Tag verblasst, doch löscht nicht euren Schein.
Sie feiern Tod, ihr singt von Auferstehen;
Von meiner Seele Auferstehn ihr singt,
Ihr Sterne, die kein Sonnenlicht bezwingt.
Charles Baudelaire
aus: „Les Fleurs du Mal – Die Blumen des Bösen“
Übertragung: Therese Robinson
© Georg Müller Verlag München (1925)
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