Er wirds wohl machen

28. Dezember 2010

Haifa, German Colony, 2010
»Befiehl dem Herrn deine Wege, und hoffe auf Ihn; Er wirds wohl machen.« (Haifa, German Colony)

••• Heute nun stand der einzige Termin der Reise an, der mich im Vorfeld etwas unter Stress gesetzt hat. Ich war zu Gast im Bucerius Institute for Research of Contemporary German History and Society. Eine Lesung mit anschließendem Gespräch sollte es werden – auf Englisch. Und ich darf versichern, dass ich dieses Mal – ich habe aus Brian Zumhagens wundervoller US-Übersetzung der »Leinwand« gelesen – vorher üben musste.

Stress bereitete allerdings auch die Hinfahrt. Zum ersten Mal wollte ich in Israel mit dem Zug fahren. Der aber fuhr nicht. »We have a problem«, wurde mir am Bahnhof beschieden, mehr nicht. Die Menschenmassen rollten in Richtung Bushaltestelle, um den Fernbus nach Haifa zu nehmen. Mir war klar, dass ich nie im Leben in diesen Bus gekommen wäre. So habe ich mir mit einigen anderen, die auch nicht drängelwillig waren, ein Taxi geteilt. Geteilt durch sechs war weniger zu bezahlen als in München für eine Taxifahrt zum Flughafen. Das ist ok.

Später habe ich erfahren, dass ich enormes Glück gehabt habe. Der Zug fuhr nämlich nicht, weil es kurz zuvor ein Zugunglück gegeben hatte auf der Strecke nach Haifa. Ein Wagen war in Brand geraten und diverse Leute in Panik vom fahrenden Zug abgesprungen. Achtzig Menschen sollen verletzt worden sein. Phew! Das ging gerade noch mal gut.


Haifa, Panoramablick
Haifa, Panoramablick

In Haifa hat mich die Germanistik-Dozentin Julia Matveev in Empfang genommen und eine kleine Sightseeing-Tour mit mir gemacht. So habe ich zu meiner großen Freude die Jeckes-Kolonie gesehen und den Bahai-Garten angeschaut, den ich schon lange einmal live sehen wollte.

Haifa, Panoramablick
Haifa, Panoramablick

Haifa, Wohnhaus
Haifa, Wohnhaus

Im Bucerius-Institut haben wir uns dann mit Lea Dror getroffen, die die Veranstaltung organisiert hat. Wenig später stieß Benny Ziffer zu uns, der bei der israelischen Tageszeitung Haaretz für die Wochenend-Literaturbeilage zuständig ist. Ein Fotograf kam dazu, Foto hier, Foto da. Und dann habe erst einmal ich den Herrn Ziffer interviewt und erfahren dürfen, dass besagte Feuilleton-Beilage älter ist als Haaretz selbst. Die erste Ausgabe erschien 1918 auf Hebräisch in Kairo und zwar auf Veranlassung der britischen Behörden für die von den Türken im Zuge des 1. Weltkriegs aus Tel Aviv vertriebenen Palästinenser (sic!).

Das mit der Verkehrung der Interviewsituation konnte ich jedoch nicht auf Dauer durchhalten, und so entspann sich ein längeres sehr interessantes Gespräch, das wir nach der Veranstaltung auf dem gemeinsamen Heimweg mit dem Zug (der wieder fuhr) fortsetzten. Auch das also war eine sehr schöne Begegnung, hoffentlich nicht das letzte Treffen mit Benny Ziffer, der in Haaretz berichten wird. Let’s see…

Haifa, Bucerius Center, 29th Floor
Der Veranstaltungsort: Haifa, Bucerius Center, 29th Floor

Über die Lesung im Bucerius-Center selbst will ich jetzt gar nicht viel schreiben. Sie wurde nämlich als Live-Videostream übertragen, und die Aufzeichnung dürfte bald im Internet zugänglich sein. Dann können die Turmsegler sich selbst ein Bild machen, wie ich mich geschlagen habe. Nur so viel: Klagen kamen nicht. Es muss ganz gut gepasst haben. Ich bin erleichtert und rechtschaffen müde und geh jetzt ins Bett.

Klick. Off.

3 Reaktionen zu “Er wirds wohl machen”

  1. ksklein

    Schöne Haifa-Bilder.

  2. »The Canvas« in Haifa « Turmsegler

    […] in Haifa 3. Januar 2011 ••• Das Bucerius Institute hat nun den Videostream der Lesung in Haifa vom 28.12.2010 online gestellt. Leider nur WMV, also mit dem Windows Media Player im Streaming-Modus […]

  3. In »Haaretz« « Turmsegler

    […] In Haifa – vor und nach der Lesung im Bucerius-Center – habe ich mich lang und ausführlich mit Benny Ziffer unterhalten. Dass daraus ein so schöner Artikel entstehen würde, wie er […]

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