••• Nach der Generalprobe mit dem »Hohelied« hat sich Moran Haynal nun an eines der umfangreicheren Bücher der Schriften gewagt: das Buch »Judith«. Heute endlich hatte ich Zeit, ihn zu besuchen, um es mir live anzusehen. Es ist kaum zu fassen, wie er dieses kalligraphische Kunstwerk hinbekommen hat. Und es muss eine helfende Hand im Spiel gewesen sein, dass der Text wie ausgerechnet aufs Wort genau auf die Zeilen gepasst hat. Geschrieben ist der Text in einer Schreibschrift, die mit einer speziellen Feder mit zwei Spitzen geschrieben wird. Hier ein lausiges Detailfoto:
»Judith« (Schriftdetail), © Moran Haynal 2010
Zu gern würde ich das Bild kaufen. Um mir das leisten zu können, müsste ich allerdings noch eine Menge Bücher loswerden. Einhundert Stunden etwa hat Moran an dieser Kalligraphie gearbeitet.
Um mich darüber zu trösten, dass ich es nicht gleich bar bezahlen und mitnehmen konnte, hat mir Moran, der in den letzten Wochen mein Studium des Rambam hier verfolgt hat, einen großformatigen Kunstdruckband gezeigt, den er vor vielen Jahren in Ungarn erstanden und seither nicht mehr aus der Hand gegeben hat. Es handelt sich um eine farbige Faksimile-Ausgabe einer illustrierten Handschrift des »Mishne Torah« von Maimonides, geschrieben im Jahr 1295 in Frankreich von Efraim bar Uri Helevi.
Rambam: »Mishne Torah«, illustrierte Großformathandschrift von Efraim bar Uri Helevi, Frankreich 1295
Auf einigen Folioseiten finden sich tatsächlich private Notizen eines früheren Besitzers! Auch unglaublich, wie lebensfroh die Orthodoxie damals gewesen sein muss. Heute würde es als Sakrileg betrachtet werden, ein solches halachisches Werk mit Illustrationen zu versehen – noch dazu mit solchen von unbekleideten Damen… (Ich bringe mal etwas Unverfänglicheres.)
Rambam: »Mishne Torah« (Detail), illustrierte Großformathandschrift von Efraim bar Uri Helevi, Frankreich 1295
Im Vorwort des Bandes haben wir übrigens auch ein Faksimile eines Originalmanuskripts von Maimonides gefunden:
Rambam: »Mishne Torah«, Originalhandschrift des Manuskripts
Ein Tag voller Handschriftenfunde war das heute. Und jetzt grüble ich mal ein wenig, wie ich das Geld heranschaffen kann, um diese »Judith« kaufen zu können…
Am 31. Oktober 2010 um 22:35 Uhr
Verfängliche Bilder wollen wir (oder ich) auch sehen. :)
Am 31. Oktober 2010 um 22:45 Uhr
Leider habe ich mal wieder beim iPho(ne)tografieren versagt. Vielleicht kann Moran aushelfen.
Am 1. November 2010 um 09:39 Uhr
schick mir die bilder privat. :)
Am 26. November 2010 um 11:31 Uhr
Die Judith beeindruckt primär durch den Text, also die Kalligraphie. Sie scheint wirklich gelungen. Die Zeichnung selbst finde ich etwas banal, sowohl Ausdruck als auch Brustausschnitt finde ich permanent auf Werbetafeln, wenn ich durch die Stadt spaziere… Vielleicht wäre der Blick (eine Herausforderung) allein schon genug gewesen. Wer genau ist der Künstler?
(PS Habe Deinen Link verfolgt und lese gerade zum Künstler nach)
Was das Zeigen von „Nacktem“ in jüdischen religiösen Texten angeht, so waren „Rischonim“ wohl weniger prüde als wir nachgeborenen… Wobei ich vermute, daß die Haggodes, bebilderte Bücher wie die Mischne Tora u.a. auch nur für ein kleines Liebhaberpubliktum (extra) angefertigt wurden und so dem Volk nicht einsichtig.
Gut Schabbes wünscht
Reisel