••• Begeistert habe ich vor kurzem hier von Patrick Zachmanns Fotos berichtet, die derzeit in München in der Galerie °CLAIR gezeigt werden. Dieser Ausstellungsbesuch wird nun ein »Nachspiel« haben.
Bei der ersten Begegnung mit Zachmanns Werk entdeckte der Münchner Autor Benjamin Stein eine Fülle thematischer und motivischer Parallelen zu seiner eigenen, literarischen Auseinandersetzung mit dem Thema Identitätsunsicherheit und –suche, verarbeitet u.a. in seinem soeben bei C.H.Beck erschienenen Roman »Die Leinwand«. Spontan entstand die Idee eines künstlerischen Dialogs zwischen Fotograf und Autor. Ist das Abgeschnittensein von den Wurzeln der eigenen Herkunft und die damit einhergehende Identitätskrise womöglich ein spezifisch jüdisches Thema? Und welche Rolle spielt »erzählte Herkunft« für unser Selbstbild. Diesen und anderen Fragen soll anlässlich der Finissage der Patrick-Zachmann-Ausstellung in der Galerie °CLAIR nachgegangen werden.
Leider wird Patrick Zachmann zur Finissage nicht kommen können, da er wieder einmal mit seiner Leica bewaffnet in China unterwegs ist. Ich bin aber sicher, dass es dennoch ein sehr spannender Abend werden wird. Noch einmal wird Zachmanns Halbstundenfilm »La memoire de mon père« zu sehen sein. Das anschließende Gespräch werde ich mit Anna-Patricia Kahn führen.
Mehrere Protagonisten der »Leinwand« sind Wurzellose. Nicht alle sind jüdisch. Was sie gemeinsam haben, ist das Fehlen einer Familien-, einer Herkunftsnarration. Aus verschiedenen Gründen haben die Eltern dieser Protagonisten ihren Kindern nicht erzählt, woher sie kommen und wohin sie also gehören könnten. Da ist zum einen das adoptierte Kind, das seine Erinnerungen vergessen und dessen Herkunft verschleiert werden sollte, um die Integration in die neue Familie nicht zu gefährden. Da ist – wie bei Zachmann – das Kind von Shoah-Überlebenden, die vom überlebten Grauen nicht berichten wollten oder konnten. Und da ist schließlich auch das Kind zweier von der Shoah unberührten Nachgeborenen, die im strengreligiösen Meah Shearim leben und ihre Vergangenheit vor den Kindern geheim halten – weil sie sich dieser Vergangenheit schämen.
Es wird auch eine Textprobe aus der »Leinwand« geben. Amnon Zichroni wird sich in den Dialog mischen …
Die Finissage findet am Dienstag, den 27. 4. 2010, ab 20:00 in der Galerie °CLAIR (Franz-Joseph-Str. 10, München-Schwabing) statt. Nähere Informationen gibt es auf der Website der Galerie. Da der Platz beschränkt ist, freuen sich die Veranstalter über eine Anmeldung unter info@clair.me oder telefonisch unter +49-89-38667446 (Mo.-Fr zwischen 14.00 und 19.00 Uhr).
Am 12. April 2010 um 16:09 Uhr
Na, das ist ja was spannendes…! – Schade, daß ich nicht „mitmischen“ bzw. dabeisein kann…!
Hast Du denn den Fotoband von Zachmann. Bestimmt, oder…?
Nebenbei: das Foto von Oliver Maier ist sehr, sehr schön.
Am 12. April 2010 um 16:20 Uhr
Leider nicht :-(