Patrick Zachmann – Ausstellung in der Galerie °CLAIR in München

••• Erstmalig in Deutschland zeigt die Galerie °CLAIR in der Münchner Franz-Josef-Str. 10 dieser Tage Arbeiten des französischen Fotokünstlers Patrick Zachmann. Gestern waren die Herzdame und ich von Inhaberin Anna-Patricia Kahn zur Vernissage geladen. Es war ein Abend voller Entdeckungen und angenehmer Begegnungen – nicht nur mit dem anwesenden Künstler.

Die Galerie liegt im Hochparterre eines Großbürgerhauses in Schwabing, von außen kaum als Galerie kenntlich, eigentlich eine Wohnung, ein langer Flur und vier hohe, große Räume in Flucht. Zachmanns großformatige Foto-Prints hängen hinter Glas in großzügigen Passepartouts. Bereits beim Eintreten – mein Blick fällt auf expressive Farbfotos von urbanen Nachtszenen, die im Flur gehängt sind – ist klar, dass es gelohnt hat, sich auf den Weg zu Zachmann zu machen.

Da wir die ersten sind, werden wir umgehend vorgestellt und können mit Patrick über seine Kamera(s) – Leica – und seine Arbeitsweise plaudern. Zachmann verlässt sich nach wie vor auf Film und die jeweils vorgefundenen Lichtverhältnisse (auch wenn es sich um künstliche Beleuchtung handelt). Er lässt entwickeln. Nachbearbeitet wird nicht. Wir werden später noch mehr darüber erfahren, wie seine Bilder entstehen und nach welchen Kriterien er entscheidet, wann er Schwarzweiß und wann in Farbe fotografiert. Zunächst aber wollen wir die Gunst der frühen Stunde nutzen und allein durch die Ausstellungsräume streifen.

Die Ausstellung präsentiert in den übrigen drei Räumen einen Querschnitt durch Zachmanns Werk der letzten 25 Jahre, geordnet nach Themenkomplexen. Wir arbeiten uns chronologisch rückwärts vor und beginnen im Raum »Ein Tag, die Nacht« mit großformatigen Farbfotografien, die das Nachtleben in verschiedenen asiatischen Metropolen einzufangen versucht. In allen Bildern tauchen Menschen auf – die Hauptrolle spielt jedoch die Nacht, nächtliche Stimmungen in zum Teil greller Farbigkeit künstlicher urbaner Beleuchtungen. Laternen, Nachttischlampen, Leuchtreklamen, Lichterketten …

Patrick Zachmann: Nuit Peking 2005 © Magnumphotos

Zachmann erzählt später, dass er nur in Farbe fotografiert, wenn es die Farben oder die besondere Farbigkeit eines Ortes sind, die zum Motiv werden sollen. Auf die Farben wird er aufmerksam, auf spezielle Lichtverhältnisse. Dann wartet er, bis sich Menschen in diese Umgebung bewegen, Raum nehmen, aus dem Stilleben ein »Bild mit Körperwärme« werden lassen. Dann erst kommt der Moment, auf den Auslöser zu drücken.

Patrick Zachmann: Peking Tienanmen 1989 © Magnumphotos

Im zweiten Raum hängen Schwarzweißfotos, entstanden auf Reisen nach China und an verschiedene Orte der »chinesischen Diaspora«. Die ersten Fotos stammen aus dem Jahr 1989 – etwa obenstehendes vom »Platz des Himmlischen Friedens«. In den folgenden 20 Jahren kehrt Zachmann wieder und wieder nach China zurück, und auf jeder Reise entstehen neue Porträts, Variationen auf die Frage: Was heißt es, Chinese zu sein, im China von 1989 gegenüber dem von heute, in New York, in Paris?

Patrick Zachmann: Jew 1981 © Magnumphotos

Im dritten Raum schließlich hängen weitere Porträts, die Zachmann grundsätzlich schwarzweiß aufnimmt. Sie stammen aus seinem ersten Buch »Enquête d’identité«. Es sind jüdische Porträts quer durchs jüdische Spektrum, wie man es in Frankreich vorfindet, vom äußersten assimilierten zum gegenüberliegenden haredischen Umfeld.

Wo immer Zachmann fotografiert oder filmt, geht er Fragen der Identitätsfindung und -wahrung nach. Identität knüpft sich an Erinnerung, an Orte und an Geschichte(n) – erzählte oder auch verschwiegene. Sie kann eine Konstante sein in wechselnden Lebenswelten oder auch selbst zur beunruhigenden, fragwürdigen, wandelbaren Größe werden. Der ausgestellte Querschnitt macht diese thematische Grundausrichtung, die Zachmann in vielen Facetten verarbeitet, wunderbar deutlich. Natürlich kann sie nur einen winzigen Ausschnitt aus dem umfangreichen Schaffen Zachmanns präsentieren.

Als krönender Abschluss des Abends wurde Zachmanns Kurzfilm »La mémoire de mon père« gezeigt, in dem Zachmann vor allem seinen Vater beobachtet, der erst in den letzten Jahren vor seinem Tod begann, mit dem Sohn über seine Herkunft zu sprechen…

Auf der Website der Galerie gibt es weiterführende Informationen zu Zachmann und seinem Werk. Die Beschäftigung mit beidem lohnt sich, ein Besuch in der Galerie °CLAIR ebenso. Geöffnet ist dienstags bis freitags von 16 bis 19 Uhr und jeden ersten Samstag im Monat zwischen 14 und 19 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung. Die Ausstellung läuft noch bis zum 8. Mai.

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