Szene aus Fellinis Film »8 1/2«
••• Die Herzdame hat mir einen Film geschenkt, den ich schändlicherweise noch nicht kannte. Was für ein Film! In »8 1/2« porträtiert Fellini einen Regisseur, der vor der Realisation seines immerhin 9. Filmes steht und feststellen muss, dass er nichts zu sagen hat. EIn Haufen Geld wurde bereits ausgegeben für absurde Kulissen. Guido, der von Marcello Mastroianni wunderbar gespielte Regisseur, den man gern für das (ein?) Alter Ego Fellinis halten darf, ist von Schauspielerinnen umgeben, die ihn mit Fragen nach ihren Rollen bedrängen, und er weiß ihnen nichts zu sagen. Der kryptische Titel bezieht sich auf den am Ende nicht realisierten (deshalb halben) 9. Film. Was wir zu sehen bekommen, ist die Geschichte des Scheiterns dieses Filmes. Ein grandioses Scheitern.
Ein Juwel in diesem Film ist das Treffen mit dem Kardinal im Dampfbad:
Guido: Eminenz, ich bin nicht glücklich.
Kardinal: Warum sollten Sie glücklich sein? Das ist nicht Ihre Aufgabe, mein Sohn. Wer hat Ihnen gesagt, dass man auf die Welt kommt, um glücklich zu sein?
Ein anderes Juwel ist die Szene, in der sich der erotomane Guido das Zusammenleben mit allen Frauen, die je in seinem Leben eine Rolle gespielt haben, in einem großen Harem vorstellt. Noch nie habe ich eine Männerphantasie so finster selbstironisch inszeniert gesehen. Oder der finale Auftritt des miesen Kritikers, der während des ganzen Filmes dem Regisseur die unerträgliche Mittelmäßigkeit des Drehbuchs verständlich zu machen versucht und ihn schließlich für die Entscheidung lobt, auf die Realisation verzichtet zu haben:
Nein, glauben Sie mir, Sie brauchen sich keine Gewissensbisse zu machen. Zerstören ist besser als Erzeugen, wenn man nicht etwas absolut Notwendiges erzeugt. […] Was wir brauchen, ist doch im Grunde nur ein bisschen Hygiene, Sauberkeit, Desinfektion. Wir ersticken in Worten, in Bildern, in Tönen, die keine Berechtigung im Leben haben, die aus der Leere kommen und in die Leere gehen. Einem Künstler, der diese Bezeichnung wirklich verdient, braucht man nur eine Haltung abzuverlangen, eine Forderung zu stellen – nämlich sich selbst zum Schweigen zu erziehen. Denken Sie mal an Mallarmés Lobeshymne, eine unbeschriebene Seite, und an Rimbaud, ein Dichter, mon chér, kein Filmregisseur… Wissen Sie, was Rimbauds wahre Dichtung war? Ein Verzicht darauf, weiterzuschreiben, seine Abreise nach Afrika. Wenn man nicht alles erreichen kann, ist das Nichts die wahre Vollkommenheit.
Und das sind nur drei der vielen Höhepunkte in diesem Film.
Einen ganz großen Dank also an die Herzdame für dieses wunderbare Geschenk. Wir sollten uns die anderen Fellini-Filme auch bzw. wieder einmal ansehen!
Am 26. Dezember 2009 um 19:25 Uhr
:) Dachte mir schon, dass er Dir gefallen könnte.
Am 26. Dezember 2009 um 19:27 Uhr
Kennst mich halt, wie es scheint…
Am 26. Dezember 2009 um 19:29 Uhr
Manchmal… ;)