Mein Lied hat allen Zierat abgelegt.
Es ist nicht stolz auf Kleid und Putz.
Schmuckstücke würden unsere Einheit stören
Und zwischen Dich und mich sich drängen.
Es könnte leicht in ihrem Klirren
Dein Flüstern untergehen.
In Scham stirbt meine Dichtereitelkeit
Vor Deinem Blick dahin.
Ich saß zu Deinen Füßen, großer Meister,
Gewähre mir das Eine: Einfach und gerade leben,
Wie die Schilfrohrflöte wartet, sich für Dich
Mit Tönen zu erfüllen.
Rabindranath Tagore, aus: „Gitanjali“
Mein Lied berührt nur mit den Spitzen
Seiner ausgestreckten Flügel Deine Füße…
••• Hat es mit dem gerade vergangenen Pessach-Fest zu tun? Mit der Tatsache, dass an dieser Stelle schon des öfteren von Gott die Rede war? Womit auch immer: In den letzten Tagen häufen sich Gespräche über das Thema Gott und Religiosität in modernen Zeiten. So erreichte mich eine sehr freundliche Mail eines Autoren-Kollegen, der seine Sprachlosigkeit bedauert, wenn sein Denken um dieses Thema kreist. Auch mit Michael Perkampus entspann sich das Gespräch um Religiöses. Und heute früh führte mein Wunsch, ein Buch von meinem Busenfreund auszuleihen („The Blind Watchmaker“) zu einer hitzigen Diskussion um den müssigen Grabenkampf zwischen Kreationisten und Atheisten.
Wie es der Zufall will – den es ja womöglich nicht gibt – fiel mir vor zwei Tagen ein Gedichtband in die Hände, den ich viel zu lange nicht durchblättert habe: Das „Gitanjali“, Tagores „Liederbuch zum Lobe Gottes“ (so die wörtliche Übersetzung des Titels).
Tagore ist alles andere als wortlos. Und was mir besonders nahe geht an diesen Gedichten, ist die Betonung einer gewissen Demut, die es nicht nur braucht, um „a Mensch zu seijn“ – wie es das Jiddische ausdrückt – sondern die auch, wie ich meine, eine notwendige Zutat für grosse Dichtung ist.
Am 12. April 2007 um 12:02 Uhr
Das ist ein sehr schöner Text. Und hat mich jetzt ziemlich nachdenklich gemacht.
Vielleicht rührt meine Sprachlosigkeit in religiösen Belangen genau daher, dass ich in Worte fassen will, was nicht in Sprache passt.
Die Demut zu haben, auch im Wissen um die eigene Unzulänglichkeit zu sprechen – das ist eine Herausforderung!
Mein Herz drängt zu Gott hin, doch in den Gebeten überschlägt sich meine Zunge.
Am 12. April 2007 um 16:48 Uhr
Es gibt ein recht zu glauben und es gibt ein recht nicht zu glauben, beide haben zwei Möglichkeiten, entweder tolerant miteinander umzugehen oder zu versuchen den jeweils anderen zu bekehren.
Das ist es was Sarajevo zu meiner Stadt gemacht hat, in dieser Stadt war alles möglich, Du konntest wählen an was Du glauben wolltest, oder Du konntest Dich in ein Cafe setzen und die schönen Bosnierinnen fragen, ob sie sich denn gar nichts dabei dachten, einem so ins Herz zu lächeln….
das Gedicht ist übrigens ein kleines Wunder so wie alle
guten Gedichte Wunder sind und dass ich mich an
dem Meister störe, ist ganz allein nur meine Sache.