Ich habe wirklich eine große Angst vor der Zukunft, denn ich glaube beinahe, dass ich der »Berühmtheit« entgegenstrebe.
Oskar Maria Graf (1894-1967)
Ich habe wirklich eine große Angst vor der Zukunft, denn ich glaube beinahe, dass ich der »Berühmtheit« entgegenstrebe.
Oskar Maria Graf (1894-1967)
Am 12. Februar 2009 um 21:14 Uhr
Man stellt derlei Dinge im Kämmerlein fest, das klassische „protect me from what I want“. Es laut zu sagen ist reine Koketterie, denn gegen Berühmtheit könnte man etwas unternehmen, solange sie nicht eingetroffen ist – da wäre es sympathischer zu sagen, dass man es zu 51% will und zu 49% nicht will (ach was, immer noch kokett, 96% zu 4%).
… Oder stammt das aus einem posthum unauthorisiert publizierten Tagebuch oder Briefwechsel?
Jedenfalls glücklich, wer nicht existentielleren Ängsten gegenübersteht.
edit: wenn ich so nachlese, hätte (hatte?) er durchaus grössere Sorgen. Umso erstaunlicher.
Am 12. Februar 2009 um 23:33 Uhr
Ich weiß es nicht. Die Herzdame hat mir dieses Zitat – auf ein A3-Blatt gedruckt – zusammen mit diesem weiteren Zitat von Graf vor Monaten von einer Veranstaltung im Oskar-Maria-Graf-Haus mitgebracht. Seither lagen die Blätter zusammengefaltet bei mir im Büro auf dem Tisch. Morgen ist wieder mal ein Büroumzug angesagt. Ich musste meine Sachen ordnen und packen. Da habe ich sie wieder gefunden.
Ich fand es amüsant, besonders da »Berühmtheit« in Gänsefüßchen steht…
Am 13. Februar 2009 um 12:41 Uhr
Hm, ja, wenn es natürlich reine Ironie ist, sieht alles ganz anders aus.
In meiner Stadt wohnt ein sehr bekannter Schweizer Schriftsteller. Ich weiss nicht, ob er im selben Supermarkt einkauft wie ich, weil das hier vermutlich das illiterateste Quartier ist oder weil es einfach am nächsten liegt. Ich wundere mich immer masslos, dass er da so profanes Zeug einkauft wie wir alle und sich irgendwie rausmogelt, ohne angequatscht zu werden. Es umgibt ihn eine Aura der Ironie, tatsächlich. Und ich denke dann jedesmal, dass ich eine Erscheinung gesehen habe – nicht weil ich ihn nun abgöttisch bewundern würde, sondern weil er für mich in die „andere“ Welt gehört, nicht in die, in der ich mein Klopapier kaufe. Und für ihn wirds wohl angenehm und zugleich unangenehm sein, dass öfters jemand einen Hauch zu lang hinschaut wie ich, und über den Grund kann er sich auch nie ganz sicher sein, weil er zudem unanständig gut aussieht. :-)
(Damit das klar ist: ich gucke hin, weil mich wunder nimmt, was er so einkauft!)
Am 13. Februar 2009 um 13:35 Uhr
Dann bist Du letztendlich wohl eine Bewunderin der »Berühmtheit«. Graf war das möglicherweise nicht. In seinem Satz steckt ein Sackvoll Möglichkeiten. Ist diese »Berühmtheit« überhaupt erstrebenswert? Wenn nicht, wäre Angst gerechtfertigt. Etc. p. p.
Warum bitte sollte ein berühmter Schriftsteller kein Kopapier kaufen? Was sollte jemand Lesenswertes schreiben, wenn er nicht ordentlich scheißen kann?
Am 13. Februar 2009 um 19:22 Uhr
Hahaaaaa! Aber ja doch, ordentlich Scheissenkönnen ist natürlich die Grundbedingung, um überhaupt irgendwas auf die Reihe zu kriegen. :-D
Warum sollte man jemanden fürs Berühmtsein bewundern? Heutzutage ist es ja schon eher eine Leistung, nicht berühmt zu sein. Es ist vielmehr so, dass ich versuche, möglichst wenig über die Person hinter dem Buch mitzukriegen, was die Zeitgenossen betrifft, und ansonsten kaum je Tagebücher, Briefwechsel u. dgl. lese, die von irgendeinem raffgierigen Verlag posthum ausgeschlachtet werden. Klar braucht das oft Beherrschung, aber ich empfinde es als Spannerei, nach dem Prinzip „was du nicht willst, dass man dir tu“. Eigentlich sehe ich nicht mal den Sinn von Klappentextfotos und „wurde geboren, lebt und arbeitet in“ ein.
Darum ist es ja so eigenartig, einen Schriftsteller einkaufen zu sehen, weil ich das eigentlich nicht sehen will (wie ein Autounfall: man kann weder hinsehen noch wegsehen).
Berühmtheit hat den einzigen (allerdings riesigen) Vorteil, für die Arbeit bezahlt zu werden. Alles andere daran muss das Grauen sein, wenn man nicht grade krass extravertiert ist. Natürlich macht das Angst. Nur eben, es laut zu sagen, wäre kokett, denn wer will schon gratis arbeiten? Und es gibt durchaus auch recht viele Leute, die sich als bekanntes Gesicht in einer Menschenmenge wohlfühlen.