August Graf von Platen-Hallermünde
Dies Land der Mühe, dies Land des herben
Entsagens werd ich ohne Seufzer missen,
Wo man bedrängt von tausend Hindernissen
Sich müde quält und dennoch muß verderben.
Zwar mancher Vorteil läßt sich hier erwerben,
Staatswürden, Wohlstand, eine Last von Wissen,
Und unsre Deutschen waren stets beflissen,
Sich abzuplagen und geplagt zu sterben.
Ein Solcher darf zu keiner Zeit ermatten,
Er fördre sich, er schmeichle jeder Mode,
Und sei dabei, wo Glück und Macht sich gatten.
Mir, der ich bloß ein wandernder Rhapsode,
Genügt ein Freund, ein Becher Wein im Schatten,
Und ein berühmter Name nach dem Tode
August Graf von Platen-Hallermünde (1826)
aus: »Poesiealbum 275«, Märkischer Verlag Wilhelmshorst
••• »Und ein berühmter Name nach dem Tode…« Als wär das nichts! Von August von Platen (1796-1835) hatte ich noch nichts gehört oder gar gelesen, bis mir die aktuelle Ausgabe des »Poesiealbum« ein wenig Nachhilfeunterricht erteilte. Die halbe Familie lag am Schabbes krank darnieder, und auch ich blieb im Bett, weil seit Tagen haarscharf davor, auch umzufallen. (Dank viel Schlaf und Vitaminen steht es nun besser.) In den Schlafpausen habe ich gelesen, nicht nur das Poesiealbum, sondern auch den Spiegel vom letzten Montag. Erst war ich angefressen, weil das Heft zum gleichen Preis gute 50 Seiten dünner geworden ist. Ich wurde aber besänftigt. Weggelassen wurde offenbar das Überflüssige. Ich habe lange keinen Spiegel mehr von vorn bis hinten durchgelesen, weil sich auf fast jeder Seite Hochinteressantes fand.
Wunderbar ergänzend zum Platen in diesem Spiegel ein Einseiter über den norwegischen Headhunter Björn Engeset. Da es den Norwegern einfach zu gut geht und die Arbeitslosigkeit unter 3% liegt, was für einen Arbeitsvermittler ruinös ist, lebt Engeset seit einiger Zeit in Deutschland. Hier nämlich ist der Arbeitsmarkt marode und die Arbeitslosigkeit so hoch, dass Engeset sich so bald keine Sorgen machen muss, selbst nichts mehr zu tun zu haben. Er vermittelt deutsche Arbeitskräfte nach Norwegen. Was das mit Platen zu tun hat? Ich zitiere:
Die Deutschen haben ein Problem. Sie suchen nicht das Neue, wenn sie sich für eine Stelle im Ausland bewerben. Sie fliehen vor dem Alten. Engesets Bewerbern geht es nicht um Norwegen. Es geht um Deutschland. Sie wollen auswandern, alles hinter sich lassen, nur weg. Irgendeinen Grund gibt es immer. Den alten Chef, das Finanzamt, den Ehemann, das Fernsehprogramm, Steinbrück, Ackermann. Norwegen ist der Reset-Knopf in meinem Leben, denken viele. […] Engeset klärt das im ersten Gespräch. Das Geld ist mehr, der Rest ist Illusion. Glück ist kein Ort.
Sind das markante Sätze? Hauptsätze. Poetische Sätze, besonders die letzten. Besagte Spiegel-Ausgabe ist voll davon. Hoffentlich halten die Spiegelianer diese Flughöhe. Dann kann das Heft gern so dünn bleiben.