An deiner Hand in der Nacht
wie ein Glühwurm schimmerte
meine Uhr.
Ich hörte
ihr Werk:
wie ein sprödes Geraun
von deiner unsichtbaren Hand
kam es her.
Da wandte sich deine Hand
zu meiner dunklen Brust,
meinen Schlaf und seinen Herzschlag aufzufangen.
Die Uhr
mit ihrer kleinen Säge
zerschnitt ohne Unterlass die Zeit.
Wie in einem Wald
fielen
Holzspäne nieder,
winzige Tropfen, Stückchen
Gezweig oder Nester,
ohne daß die Stille sich wandelte,
ohne daß die kühle Dunkelheit ein Ende fand,
also,
von deiner unsichtbaren Hand her, schnitt
die Uhr unaufhörlich
Zeit und Zeit,
und wie Blätter fielen
Minuten herab,
Fasern zerspellter Zeit,
winzige schwarze Federn.
Wie im Wald
roch es nach Wurzeln,
irgendwo ließ das Wasser
einen schweren Tropfen fallen
wie eine feuchte Traubenkugel.
Eine kleine Mühle
zermahlte Nacht,
summendes Dunkel
fiel nieder von Deiner Hand
und erfüllte die Erde.
Staub,
Erde, Ferne
mahlte und mahlte
von deiner Hand her
meine Uhr in der Nacht.
Ich schob
meinen Arm
unter deinen unsichtbaren Hals,
unter sein warmes Gewicht,
und in meine Hand
niederrieselte die Zeit,
Nacht,
winzig kleine Geräusche
von Holz und Wald,
von zerkleinerter Nacht,
von Schattensplittern,
von Wasser, das fällt und fällt:
Da
fiel der Schlaf
aus der Uhr und von
deinen schlummernden Händen,
fiel wie dunkles Wasser
der Wälder
von der Uhr
auf deinen Leib herab,
und von dir in die Lande,
dunkles Wasser,
Zeit, die fällt
und hinfließt
in unserm Innern.
Und so war jene Nacht,
Dunkel und Raum, Erde
und Zeit,
etwas, das fließt und fällt
und vorübereilt.
Also ziehen über die Erde
alle Nächte hin
und hinterlassen nur ein flüchtiges
schwarzes Arom,
es fällt ein Blatt,
ein Tropfen
auf der Erde,
ihr Klang verlöscht,
es schlummern Wald und Wasser,
die Wiesen,
die Glocken,
die Augen.
Ich höre dich, ja, du atmest,
meine Liebe,
Schlaf hüllt uns ein.
Pablo Neruda
Übertragung: Erich Ahrendt
••• Und jetzt – zum vorläufigen Abschied von Don Pablo – doch noch eine Ode.
Zu mechanischen Uhren hege ich eine innige Liebe. Sie sind etwas fürs Auge, fürs Ohr, für den Tastsinn. Sie sind kleine Maschinen mit der Anmutung von Leben. Und ihr rastloses Ticken wird immer den schöneren Klang abgeben als das sekundenweise Schlappen des Schrittmotors einer Quarzuhr. Solche Uhren sind einfach nicht poetisch, behaupte ich.
Oft lege ich meine Uhr auch nachts nicht ab, weil ich es zu gern mag, in den Sekunden des Hinübergleitens in den Schlaf dem Ticken zu lauschen, das mir versichert, dass die Zeit noch nicht stehengeblieben ist.
Das ist also – um genau zu sein – eine Ode an eine mechanische Uhr in der Nacht.
Am 18. März 2007 um 09:23 Uhr
das kann kein schlechter tag werden, wenn er mit so einem gedicht anfängt