auf dem dachfirst schläft ein hahn
und aus dem oberlicht wird mir
(ein augenaufschlag nacht)
die hölle weit
sterne taumeln
wind geht
es ist
spät
© Benjamin Stein (2016)
••• Kann es wirklich wahr sein, dass ich mein letztes Gedicht vor drei Jahren geschrieben habe? Wenn ich mich darauf verlasse, dass mir häufig genug eines »irgendwie zustößt«, wird es nichts mehr werden mit dem einen Gedichtband von 100 Gedichten, den ich in diesem Leben gern noch herausbringen würde.
»Irgendwie zugestoßen« ist mir auch das obige Gedicht. Es kam tatsächlich im Traum zu mir. Ich schaute auf eine mit hebräischen Buchstaben bedruckte Buchseite und meinte, es sei ein Gebetbuch. Dann las ich und merkte, dass es tatsächlich nicht Hebräisch sondern Jiddisch war und kein Gebetbuch sondern ein Gedichtband. Ich las – im Traum – nur eine Zeile:
aus dem Oberlicht wird mir die Hölle weit
Und weil ich »Hölle« gelesen hatte und nicht etwa »Gehinnom«, war mir klar, dass beim Lesen aus dem Jiddischen ein deutscher Vers geworden war. Da wurde ich wach und konnte nicht mehr einschlafen, bevor ich nicht – um diesen Vers herum – das ganze Gedicht »rekonstruiert« hatte.