Puschkins Notizbuch

3. November 2012

Puschkins Notizbuch
Puschkins Notizbuch

••• Schlaflose Nacht Nummer zwei. Da kann ich auch noch eine kleine Schnurre aus Georgien erzählen. Gestern fand im Literaturmuseum von Tbilissi die zweite Lesung unserer Tour statt. Lasha Bakradze, Direktor des Museums, führte uns vorher durch den ursowjetischen Bau, in dem zur Zeit internationale Video- und Konzeptkunst ausgestellt ist. Das Highlight der kleinen Tour war jedoch das Archiv.

In dem Raum sind eng verstaut unzählige Bilder untergebracht. Aber es gibt auch einen literarischen Reliquienschrein. Da findet sich dann beispielsweise die goldene Savonette von Dichter X neben den Gewehren von Hadji Murad und den Kugeln, mit denen Dichter Y erschossen wurde.


Mit diesen Kugeln soll Dichter Y zu Tode gebracht worden sein. Da fällt mir auf: Warum sind die Patronen mit Kugel und Hülse noch intakt. Wäre die Munition benutzt worden, müsste die Hülse doch fehlen. Nein? Da darf man nicht so kleinlich sein.

Am meisten begeistert hat mich Puschkins Notizbuch. Die Aschenbecher, die Dichter Z mit Auszügen aus der von ihm herausgegebenen Zeitung bedrucken ließ, haben auch Schmiss.

Lasha hatte beim Präsentieren der Heiligtümer mindestens so viel Vergnügen wie wir beim Betrachten. Lieber Lasha, solltest Du das hier lesen, ergänze doch bitte die Namen der Dichter X, Y und Z. Ich konnte sie mir vor lauter Entzücken über Puschkins Notizbuch nicht merken.

Einen Moment lang war ich versucht, den abgefummelten Radiergummi mitgehen zu lassen, der auch noch auf dem Tisch lag und den ich im Reliquienfieber ebenfalls Puschkin zuschrieb. Aber er gehörte der Archivarin, die ihn flugs beschämt beiseite räumte. So blieb die Schandtat ungetan.

Literarische Aschenbecher
Literarische Aschenbecher

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