••• Ulrich Rüdenauer hat mich am Rande der Leipziger Buchmesse interviewt. Er arbeitete an einem Feature über neuere literarische Dystopien. Das Feature wird unter dem Titel »Digitale Apokalypsen« morgen, am 12. Juni 2012, um 19:30 Uhr auf Deutschlandradio Kultur gesendet, und wie ich aus verlässlicher Quelle weiß, wird »Replay« eine gewichtige Rolle in dem Beitrag spielen.
»Digitale Apokalypsen« im Podcast von Deutschlandradio Kultur und im Script
Schöne neue Welt: Ein kleines Implantat verspricht seinem Träger körperliche Effizienz und einen unendlichen Erinnerungsspeicher. Doch die Überantwortung des eigenen Körpers an einen Zentralcomputer bedeutet auch den größtmöglichen Kontrollverlust. Die Menschheit begibt sich in die Hand eines mächtigen Konzerns, den Benjamin Stein in seinem Roman »Replay« United Communications Corporation nennt – der aber genauso gut Apple oder Google heißen könnte. »Replay« ist nur einer von vielen Romanen, in denen bereits verfügbare technische Möglichkeiten einen kleinen Dreh weitergedacht werden – und in denen die Internet-Revolution zum Orwellschen Szenario wird. In Florian Felix Weyhs »Toggle« verwandelt sich die Utopie einer digitalen Demokratie in einen Albtraum der Ungleichheit, und in Markus Stromiedels »Die Kuppel« werden alte und unliebsame Menschen mithilfe einer Simulationsmaschine in einen Parallelkosmos entsorgt. Doch nicht nur auf dem Markt der Genreliteratur boomt die Dystopie. Auch die Popliteratur setzt auf düstere Fiktionen. Unter anderem erschafft Leif Randt in »Schimmernder Dunst über Coby County« eine gespenstisch glatte Wohlfühloase. Wenn die Gegenwart zusehends unsicherer und in ihren Zukunftsentwürfen undurchschaubarer wird, kommt die Zeit für Schreckensvisionen. Ulrich Rüdenauer spricht mit Autoren und Literaturwissenschaftlern über die neue Lust an der Dystopie.