Burroughs über Kritiker

13. Januar 2012

Critics constantly complain that writers are lacking in standards, yet they themselves seem to have no standards other than personal prejudice for literary criticism. (…) such standards do exist. Matthew Arnold set up three criteria for criticism: 1. What is the writer trying to do? 2. How well does he succeed in doing it? (…) 3. Does the work exhibit »high seriousness«? That is, does it touch on basic issues of good and evil, life and death and the human condition. I would also apply a fourth criterion (…) Write about what you know. More writers fail because they try to write about things they don’t know than for any other reason.

William S. Burroughs
in : »A Review of the Reviewers«

••• Kaum zu glauben, dass hier noch nie von William S. Burroughs die Rede war! In den letzten Tagen ist er mir mehrfach begegnet. Zum einen versuche ich gerade, den filmischen Inspirationen nachzuspüren, die in »Replay« Spuren hinterlassen haben. Tatsächlich nämlich habe ich beim Schreiben wahllos und unbewusst in diesen Fundus diffuser Inspirationen gegriffen. Wenn ich nun aber einige Filme wie »Blade Runner«, »Mulholland Drive«, »Vanilla Sky«, »Magnolia«, »eXistenZ« und – eben – »Naked Lunch« noch einmal ansehe, sind die Einflüsse sehr augenscheinlich. Das gefällt mir.

Auch bei ANH bin ich eben wieder Burroughs begegnet. ANH zwingt sich gerade zur Arbeit an einem Jugendbuch, Lohnarbeit, die pseudonym erscheinen soll. Um nicht abgelenkt zu werden, ruht sein Weblog »Die Dschungel. Anderswelt« für angekündigte 30 Tage. In diesen 30 Tagen ist nun aber nicht etwa Funkstille in den Dschungeln. Stattdessen stellt Herbst Bilder von Büchern ein, deren Lektüre ihn als Jungen und Jugendlichen besonders geprägt hat. Die Idee dabei war – wie ursprünglich einmal beim Turmsegler, erinnert sich noch wer? – dies kommentarlos zu tun. Aber es blieb nicht lange dabei (wie auch hier im Turmsegler seinerzeit nicht). In diesen Kommentaren zu den früheren Lektüren, die sich Herbst am Abend (nach getaner Jungenromanschreibarbeit) dann doch erlaubt, wirkt er (ich bin vorsichtig) sehr intensiv, authentisch, und es vermittelt sich, dass da jemand schreibt, der die Dinge, über die er schreibt, wirklich kennt. Unterdessen schweigen die Trolle, was zusammengenommen die Lektüre der Dschungel dieser Tage zu einer ganz besonderen Freude macht.

Zu finden sind die »30 Prägungen« in ANHs Weblog in der gleichnamigen Rubrik. Ich hoffe mal, er belässt es nicht dabei, wenn die Arbeit getan ist. Vergleichbare Stücke zu musikalischen und filmischen Prägungen bspw. wären nicht weniger interessant. Ich müsste ihm eine Gastkolumne hier anbieten dafür, wenn es nicht seiner poetologischen Idee des eigenen Weblogs zuwiderliefe.

In den »30 Prägungen« jedenfalls ist mir heute Burroughs nochmals begegnet. Und schließlich fand ich in der Wikipedia dieses Zitat.

Kritiker beklagen immer wieder, dass es den Autoren an Standars fehlt; dabei scheinen sie selbst für die literarische Kritik keine andere Norm als persönliche Vorliebe zu haben. (…) es gibt solche Standards. Matthew Arnold stellte drei Kriterien für Kritik auf: 1. Was versucht der Autor zu tun? 2. Wie gut gelingt ihm dies? (…) 3. Zeigt das Werk »hohe Ernsthaftigkeit«? Das heißt: Berührt es die grundlegenden Fragen von Gut und Böse, Leben und Tod und die Grundbedingungen der menschlichen Existenz. Ich würde noch ein viertes Kriterium hinzufügen (…) Schreibe über das, was du kennst. Mehr Schriftsteller scheitern, weil sie über Dinge schreiben, die sie nicht kennen, als aus irgendwelchen anderen Gründen.

Ich weiß nicht, wie D. G. Myers es mit dieser Ansicht hält. Aber bei ihm finde ich den Gedanken dieses Zitats verwirklicht. Freilich bedeutet eine solche Form von Kritik eine wirkliche Herausforderung: Der Kritiker muss gebildet sein; er muss erkennen können, was der Autor überhaupt versucht; und dann muss er noch sich selbst und die eigenen Vorlieben zurücknehmen können, um das Werk zunächst am eigenen (des Werkes und des Autors!) Anspruch zu messen.

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