Ohne Titel, Pigmenttusche auf Papier, © Kerstin Klein (2011)
••• Uns stehen gruselige Tage bevor. In der fünften Staffel von »Babylon 5« bittet eine Abordnung des Volkes der Brakiri darum, für eine Nacht eine Sektion der Raumstation Babylon 5 kaufen zu dürfen. Durch den Kauf würde diese Sektion zu einem Teil des Brakiri-Reiches werden und es so den Brakiri an Bord ermöglichen, ein wichtiges religiöses Fest zu begehen, das nur aller 200 Jahre gefeiert wird: Die Nacht der Toten. Die Sektion wird verkauft. Durch Ignoranz und dumme Zufälle befinden sich in dieser Nacht jedoch auch einige Nicht-Brakiri in der verkauften Sektion und bekommen so mit, was diese Nacht so besonders macht. In ihr erscheinen Tote noch einmal wie leibhaftig, wobei man sich jedoch nicht aussuchen kann, wer einem erscheint. Hat man Glück, bekommt man die Gelegenheit, mit dem Toten noch etwas zum Guten zu regeln, sich zu entschuldigen etwa, sich zu versöhnen, ein Missverständnis aufzuklären oder eine späte Liebeserklärung zu machen. Man kann natürlich auch Pech haben…
Was uns nun bevorsteht, ist etwas ähnliches, einer der wichtigsten mexikanischen Feiertage nämlich, der Día de los Muertos, der Tag der Toten. An ihm wird in Mexiko traditionell der Verstorbenen gedacht. Die Vorbereitungszeit für die Feierlichkeiten beginnt Mitte Oktober. Gefeiert wird in den Tagen vom 31. Oktober bis Allerseelen (2. November). Dabei wird der Día de los Muertos je nach Region auf verschiedene Weise gefeiert.
Der Día de los Muertos ist keine Trauerveranstaltung, sondern ein farbenprächtiges Volksfest zu Ehren der Toten. Nach dem Volksglauben kehren die Seelen der Verstorbenen an diesen Tagen zu den Familien zurück, um sie zu besuchen. Während der Tage steht das Gedenken an die Verstorbenen im Vordergrund. Die Straßen werden mit Blumen geschmückt, skurrile Todessymbole, Skelette und Schädel in den unterschiedlichsten Ausführungen, stehen in den Schaufenstern, überall sieht man Abbildungen der berühmten Calavera Catrina. Konditoreien produzieren kurz vor Allerheiligen die Calaveras de Dulce, Totenschädel aus Zucker oder Schokolade, die die Namen der Toten auf der Stirnseite tragen. Das Pan de Muerto, das Totenbrot, ist ein weiteres beliebtes Naschwerk in diesen Tagen. (Quelle: Wikipedia)
Von diesem Día de los Muertos inspiriert, hat die Herzdame (also TAAKAKK, das ist: The Artist also known as Kerstin Klein) in den letzten Monaten eine Serie von Zeichnungen geschaffen, die – wie ich meine – eine wichtigen Punkt auf ihrem künstlerischen Weg markieren. Gezeichnet hat sie schon immer, in verschiedensten Stilen, aber sehr lange hat sie der Zweifel umgetrieben. Das ist alles nicht meins, bekam ich dann zu hören, nichts Eigenes. Das hat sich nun geändert. Ihre neuen Zeichnungen zeigen eine eigene und eigenwillige Handschrift. So mancher muss zunächst trocken schlucken, wenn er oder sie diese neuen Arbeiten zum ersten Mal sieht. Denn es handelt sich um menschliche Schädel, vulgo: Totenköpfe. Bei ihr erscheinen die Toten nicht so unversehrt wie in der Nacht der Toten der Brakiri. Aber dafür zeigen sie sich in mal symbolhafter, mal verspielter Staffage. Ein paar Kostproben gefällig?
Skulls, Pigmenttusche auf Papier, © Kerstin Klein (2011)
Eine weitere Serie beschäftigt sich mit gefiederten Tieren, auch die nicht ganz so, wie man sie üblicherweise draußen antrifft. Und es finden sich in dieser Serie auch Bilder, in denen vom dargestellten Tier nicht mehr als das Skelett übrig ist. In einer dritten Serie stehen »Ladies« im Fokus, und wie wir alle wissen, haben Ladies immer etwas Eigenes an sich, so auch jede einzelne in den Ladies-Zeichnungen von Kerstin Klein.
Gezeichnet sind alle diese neuen Bilder mit Pigmenttusche auf Papier, in einer sehr mühsamen, an den neo-impressionistischen Pointillismus erinnernden Technik. Die Bilder entstehen aus vielen kleinen Punkten oder aber auch aus winzigen gleichförmigen Musterpartikeln. Gelegentlich entpuppen sich diese Partikel auch als kaum noch wahrnehmbare Buchstaben, so dass das Bondage-Seil beispielsweise, mit dem eine der Ladies verschnürt ist, sich als Gedicht entpuppt… Schaut man aus größerer Entfernung auf die Motive, könnte man sie auch für Tattoos halten, und ich kann mir gut vorstellen, dass sich Fans finden werden, die eines dieser Motive auch tatsächlich unter der Haut tragen wollen.
War der Día de los Muertos thematisch inspirierend, so auch die Bilder von Laurie Lipton, die mit ebensolcher Präzision und Liebe zum Detail arbeitet und sich wie die Herzdame nicht (mehr) darum schert, ob ein Betrachter sich eventuell gruseln könnte. Es lohnt, diese Bilder in Ruhe wieder und wieder zu betrachten, so viele Details gibt es darin zu entdecken.
Dass da etwas in einer neuen Qualität des künstlerischen Ausdrucks entstanden ist, haben auch andere bemerkt. Und so stellt Kerstin Klein dieser Tage zum ersten Mal öffentlich in einer Einzelausstellung aus. Im Rahmen der Werkschauen im Münchner Glockenbachviertel wurde die Ausstellung am vorletzten Sonntag eröffnet. Zu sehen sind bei »heels angels« (Klenzestr. 45) 20 ihrer neuen Arbeiten. Einige davon kann man sogar noch kaufen. Wer sich online Appetit holen will, kann dies auf der neuen Website der Künstlerin (365skulls.com) tun. Die Ausstellung läuft noch bis Mitte November und kann Montag und Dienstag 11:00-13:00 sowie 14:30-18:00 und am Freitag zwischen 11:00-13:00 sowie 14:30-17:00 besucht werden.
Ich freue mich sehr für und mit der Herzdame, wünsche ihr viele neue Fans und Käufer und bin überhaupt mächtig stolz, yeah!
PS: Kleine Anekdote am Rande. Am Tag, bevor die Bilder gehängt werden sollten, standen sie – frisch verglast und gerahmt – bei uns im Wohnzimmer. Wir hatten Besuch von Jaycee Fischer, und es wurde ein angeregter, nicht ganz trockener Abend. Mitten in der Nacht fühlte ich mich berufen, eine Pilatesübung vorzuführen. Dummerweise konnte ich aber nicht mehr auf der Rolle stehen, sondern bin mit großem Krawumm umgefallen. Mir ist nichts passiert. Aber zwei Bilder (u. a. das oben gezeigte) musste ich am nächsten Tag neu rahmen lassen. Aber Scherben bringen ja bekanntlich Glück…
Am 25. Oktober 2011 um 21:49 Uhr
Laurie Lipton finde ich unglaublich. Das versteht man aber erst, wenn man ihre Technik verstanden hat. Und sie schafft es sogar MICH manchmal zu gruseln. ;) Sie war keine Inspiration zur jetzigen Ausstellung, aber inspirierend ist sie auf alle Fälle.
Am 25. Oktober 2011 um 22:01 Uhr
Na, Du weißt ja: Journalisten schreiben eh nur Quatsch :-)
Am 25. Oktober 2011 um 23:01 Uhr
Da hast Du Dich in den letzten Jahren sehr verbessert… seit Du nicht mehr über Software schreibst. ;)
Am 25. Oktober 2011 um 23:04 Uhr
Boahh, was man sich alles sagen lassen muss!
Am 25. Oktober 2011 um 23:07 Uhr
Eigentlich war das als Kompliment gemeint.
Am 25. Oktober 2011 um 23:08 Uhr
Okay…. ich verbessere mich:
„Da hast Du Dich in den letzten Jahren sehr verbessert… seit Du nicht mehr über Software urteilst!!!“ ;)
Am 25. Oktober 2011 um 23:12 Uhr
Ähem, das könnte zutreffend sein. :-(