Ingeborg Bachmann: Kriegstagebuch

20. April 2010

Ingeborg Bachmann. Kriegstagebuch (Suhrkamp)••• Zurück aus Hamburg erreicht mich heute eine Büchergeschenksendung von der Herzdame. Im Päckchen liegt ein schmaler grauer Band aus dem Hause Suhrkamp. Neues von der Bachmann? Kann es das noch geben? Ja, es kann. Hans Höller hat sich die Mühe gemacht, das »Kriegstagebuch« der Bachmann aus der Zeit Spätsommer 1944 bis Frühsommer 1945 (da war sie 18-19) aus dem Nachlass zu edieren.

Bevor die eingefleischten Bachmann-Fans vor Freude im Quadrat springen, muss man ein wenig Erwartungsmanagement betreiben. Das Tagebuch selbst besteht aus 15 1/2 großzügig gesetzten Seiten. Ich habe es heute früh in der U-Bahn gelesen, also innerhalb 15 Minuten. Man muss sich schon überlegen, ob man dafür 15,80 € auf den Zahlteller legen möchte. Herausgeber Höller wird sich das auch gefragt haben und liefert denn auch noch einiges an Material, das nicht von der Bachmann stammt, aber Licht auf dieses letzte Kriegsjahr und noch mehr auf das erste Friedensjahr wirft. Denn man hätte das Tagebuch mit wenigstens gleichem Recht auch »Friedenstagebuch« nennen können. Mehr als die Hälfte des Textes befasst sich nämlich mit Erlebnissen der Bachmann nach dem Eintreffen der Briten. In einen von ihnen – Jack Hamesh – verliebt sich die Bachmann.

Hamesh ist Jude und 1938 mit einem Kindertransport ins Exil nach England gelangt. Seine Eltern waren da bereits tot. Als britischer Soldat kehrt er nun nach Österreich zurück. Die Bachmann lernt ihn kennen, als sie bei der Militäradministration einen Passierschein beantragen muss. Man trifft sich, unterhält sich über Literatur und Politik, in einer Art, wie die Bachmann der Mutter gegenüber beteuert, dass es auch unter Zeugen geschehen könnte. Dennoch tuscheln die Nachbarn, das Dorf zerfetzt sich das Maul: »Die Bachmann geht mit dem Juden«.

Diese 15 1/2 Seiten Backfisch-Erzählen der Bachmann ist ein großer Genuss, tief bewegend die knappen Schilderungen der Vollalarme, der fallenden Bomben. (Sie beschließt, im Garten sitzen zu bleiben und weiter zu lesen. Wennschon sterben, dann wenigstens so.)

Auf weiteren 48 Seiten liefert Höller die erhaltenen Briefe Jack Hameshs an die Bachmann aus dieser Zeit. Und noch einmal 34 Seiten entfallen auf Höllers Nachwort und editorische Erläuterungen. Eine schöne Entdeckung, dieses Buch, auch schön gestaltet, aber heftig teuer angesichts des sehr überschaubaren Inhalts.

19 Reaktionen zu “Ingeborg Bachmann: Kriegstagebuch”

  1. Dorit

    Apropos: wie lief’s in der Freien Hansestadt…?

    Sind sie aufgetaut bzw. hast Du sie zum schmelzen gebracht, die Fischköppe und Nordlichter (Sorry schonmal vorab, und zu meiner Entschuldigung: bin selbst einer und eines…)…?

  2. Benjamin Stein

    Das war eine sehr schöne Lesung, unmoderiert, also konnte ich fast 60 min. lesen. Und die Publikumsfragen waren auch nicht von Pappe. Hat wirklich Spaß gemacht, und ich glaube, die Leute sind zufrieden nach Hause gegangen. Ordentlich Bücher verkauft wurden auch. Was will man mehr?

  3. mary

    Na dann mach weiter so Herr Stein! Drücke die Daumen, dass es läuft.
    … und danke liebe Dorit…. :-)

  4. Dorit

    Bitte, liebe Mary, für was auch immer…! ;-) – Vielleicht ja mal live und in Farbe, z.B. Müggelsee…? Und / oder Brecht-Haus…?

    Apropos, Herr Stein, wann wäre die Lesung denn…? Weißte schon was?

  5. Benjamin Stein

    Veranstaltungshinweise gibt es immer »» hier!

  6. ksklein

    Nein… ich werde es nicht wieder erwähnen, dass es völlig unsinnig ist, dass man auf Deiner EIGENEN Seite nach Deinen Veranstaltungen „suchen“ muss. So viel zur Benutzerfreundlichkeit…. ist Dir doch sonst immer so wichtig!?!!

  7. Benjamin Stein

    Wo soll ich das denn bitte hintun, damit es jeder gleich findet?!

  8. ksklein

    Oben rechts.

  9. Benjamin Stein

    Argl. Ist es so jetzt vielleicht genehm?

  10. ksklein

    Jetzt doch???? ;)

    kann es nicht sehen – bin unterwegs. :)

  11. Benjamin Stein

    Wie? Du kannst das unterwegs nicht sehen? Was für eine »digitale Avantgarde« ist das denn?!

    Du musst (auf dem iPhone) nach unten scrollen und den Schalter »Mobile Theme« auf Off setzen.

  12. ksklein

    Digitale Aventgarde???? Da verwechselst Du mich. Und beim Laufen kann ich noch tippen, aber suchen will ich nichts.

  13. Dorit

    Also, wenn iche mich mal „reinhängen“ darf in Euren Diskurs…?

    So isses sehr schön…! – Das war ein echtes Manko.

    Ich hoffe, Du hast Dich nicht verlaufen, Kerstin, bzw. bist am Ende noch gestolpert oder so…?!!! :-)

  14. ksklein

    Nö. Hab ein Programm, dass den Bereich vor mir filmt und auf dem Handy zeigt während ich tippe. Ich sehe also was vor mir ist, auch wenn ich nur aufs Handy schaue. ;)

  15. ksklein

    So isses sehr schön…! – Das war ein echtes Manko.

    Wenigstens hörst Du auf andere, Herr Stein. Das das aber immer so lange braucht, bist Du einen Rat annehmen kannst. Unglaublich!

    Jetzt ist es viel besser und sinnvoller.

  16. Dorit

    Ich glaub‘ ja so ziemlich alles, aber das mit dem Handy und dem Filmen, das nun doch nicht…, nein, nein…! :-)

    Und zum Thema „Auf andere hören“:

    Mach‘ Dir nix draus. So ist das Leben bzw.: komplett „beratungsresistent“ (Tschuldigung, Benjamin!), das isser wohl nicht, wie’s aussieht…?

    Okay, einigen wir uns auf „steter Tropfen“…? – Auweia bzw. Sorry für den Kalauer…! – Endet ja mit „Stein“, die alte Volksweisheit, wie ich gerade merke… :-)

    Wie auch immer. Euch jedenfalls noch einen schönen Sonntag. – Hier ist Raus-Nach-Wannsee-, also Kaiserwetter. Bei Euch auch…?

  17. ksklein

    Doch dieses Programm habe ich wirklich. ;)

    Hier ist auch Kaiserwetter… schönen Sonntag Euch.

  18. mary

    Ah – prima!! Nun kann sogar ich die Termine schnell überblicken. Muss nur rechtzeitig reinsehen, hi hi – Nicht so einfach das mit „plumpem Alt-PC“..;-)

    …Brechthaus wäre ja nun mal wieder gewesen und nach München schaffe ich es nun auch nicht mehr…

    Deshalb mein Wunsch an Dich Benjamin auf diesem Weg: Maximalen Erfolg auch heute und zwischendurch auch mal Luft holen (nur wenn`s geht) :-“))

  19. Dorit

    Liebe Mary-Änn…,
    nun sind Dir wohl vor lauter Freude, daß jetzt alles so fein übersichtlich ist bei den Terminen, die Pferde durchgegangen…?

    Brecht-Haus ist doch erst noch…! Am 27.05….!

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