••• Letzten Mittwoch starb Jerome David Salinger, Autor des »Fänger im Roggen« im Alter von 91 Jahren. Seine letzte Erzählung erschien vor 45 Jahren, nicht etwa, weil der bekennende Grantler Salinger nicht mehr geschrieben hätte, sondern weil er nicht veröffentlichen wollte.

»There is a marvelous peace in not publishing«, gab er 1974 der New York Times zu Protokoll: »Publishing is a terrible invasion of my privacy. I like to write. I love to write. But I write just for myself and my own pleasure.«

Kaum ist Salinger kalt, überstürzen sich nun die Spekulationen über die mutmaßlichen literarischen Schätze, die er in all den Jahren produziert haben mag. Seine Tochter berichtet, er hätte die Manuskripte mit Farbmarkierungen versehen, wenn er sie ablegte: Rot für »kann so veröffentlicht werden«, Blau für »braucht Lektorat«.

Über Tote nur Gutes, aber ich bin bekennendermaßen kein Salinger-Fan. Ob und wie viele Manuskripte der Misanthrop säuberlich im Safe deponiert haben mag, lässt mich daher kalt. Ja, hätte er noch rechtzeitig die Manuskripte vernichtet wie seinerzeit Gogol den 2. Band der »Toten Seelen« – das wäre ein würdiger Abschluss. Das wäre eine ehrliche Geste: »Ich kann und konnte euch nie leiden. Ihr sollt auch nach meinem Tod nichts mehr von mir haben. Packt euch!« Und konsequent in seiner Ablehnung und Zurückgezogenheit ist Salinger ja nun wirklich gewesen. Unveröffentlichte Manuskripte zu hinterlassen, wäre vor diesem Hintergrund doch nahezu verlogen. Ich tippe daher darauf, dass man seinen Safe leer finden wird; und wenn sich doch noch Aufzeichnungen darin finden werden, dürften sie von Verdauungsvorgängen und dem Wetter handeln.

Warten wir’s ab.

Tags: J. D. Salinger • Prosa

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