Rabbi Yekutiel Yehudah Halberstam, der Klausenburger Rebbe
••• Der Erzähler des ersten Teils von »Diamond District« kam als Kind aus Föhrenwald nach Antwerpen. Dort befand sich eines der größten DP-Lager, in denen aus den Vernichtungslagern befreite Juden untergebracht waren. Unter ihnen war auch der Klausenberger Rebbe. Am Vorabend von Yom Kippur 1945, dem ersten Versöhnungstag nach dem Holocaust, trat er auf die Bimah in der Mitte der provisorischen Synagoge und sprach auf Jiddisch zu den versammelten Überlebenden. Er zeigte auf seinen Kittel und sagte:
»Einer der Gründe, warum wir diesen Kittel tragen, ist der, dass es unser traditionelles Totengewand ist, in das wir unsere Eltern und jene, die vor uns kamen, kleiden, wenn wir sie zur Ruhe in die Erde betten. Am Yom Kippur den Kittel zu tragen, erinnert uns an den Tag des letzten Gerichts, wenn wir zur Ruhe gelegt werden. Und so bringt er unser Herz zu Demut und mahnt uns zur Umkehr. Der weiße Leinenkittel ist ein Symbol der Reinheit, die wir erreichen durch unser In-uns-Gehen und unser Bemühen, unser Fehlverhalten zu revidieren. Da der Kittel uns an die Grabkleider jener erinnert, die vor uns starben – warum tragen wir dann heute einen Kittel? Unsere Eltern und Liebsten wurden geschlachtet ohne Tachrichim [Grabkleider]. Sie wurden beerdigt ohne Kleider, in Massengräbern, oder in gar keinem Grab…«
Plötzlich riss sich der Klausenberger Rebbe den Kittel vom Leib und rief: »Kein Kittel! – Lasst uns sein wie unsere Eltern. Lasst uns die Kittel ablegen, so dass sie uns erkennen können. Sie werden uns nicht erkennen in Kitteln, weil sie nicht in Kittel gekleidet waren…«
Als ich diese Geschichte las, nahm ich mir vor, in »Diamond District« auch von der Kindheit des Erzählers in Föhrenwald zu berichten – und diese Geschichte zu erzählen.