geflüster

4. September 2009

Efeu
Efeu — © SilentSweetDeath@deviantart.com (2007-2009)

der rote duft der nacht —
die rosen verglühen im dunklen
efeu an trunknen bäumen
im schlafenden gras
such ich mein herz
wo ichs gelassen find ich
nichts feuchtes im dunkel.

ach
ich schmeck mir
so steinern heut

aber irgendwo flüstern
mit meinem herzen
frauen die ich nicht geküßt hab
von der süße der rosen und
wie dunkel der efeu ist.

Wolfgang Hilbig, aus: „abwesenheit“
© S. Fischer Verlag (1979)

••• Gestern war mir nach Hilbig. Ich habe endlich den dicken Suhrkamp-Band mit seinen Gesammelten Gedichten aus dem Regal genommen und mich, mit Zettellesezeichen bewaffnet, durch die Gedichte geschlängelt, angefangen bei den frühen aus »abwesenheit« bis hin zu den letzten und den nachgelassenen, die ich noch nicht kannte.

Wie schnell so einer kalt wird (also kanonisiert), wenn er stirbt, dachte ich mir angesichts dieses ersten Bandes seiner »Werkausgabe«. Der zweite Band mit den Erzählungen und Kurzprosa ist unterdessen übrigens auch erschienen. Muss ich noch kaufen.

2 Reaktionen zu “geflüster”

  1. Andrew Shields

    Hilbig ist ein Lyriker, den ich gern haben sollte (ich liebe seine Prosa), aber inzwischen habe ich eine solche starke negative Reaktion auf die meiner Meinung nach zum blossen Manierismus gewordene Kleinschreibung und Interpunktionslosigkeit in der deutschen Lyrik, dass ich ihn gar nicht mögen kann.

    Aber die Prosa lese ich immer wieder gern.

  2. Benjamin Stein

    im schlafenden gras
    such ich mein herz
    wo ichs gelassen find ich
    nichts feuchtes im dunkel

    Setzt man hier Kommas, geht alles kaputt. Wer braucht die?

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