Peter Huchel 1964 im Garten seines Hauses am Hubertusweg, Foto: Roger Melis
Ein Rauch,
ein Schatten steht auf,
geht durch das Zimmer,
wo eine Greisin,
den Gänseflügel
in schwacher Hand,
den Sims des Ofens fegt.
Ein Feuer brennt.
Gedenke meiner,
flüstert der Staub.
Novembernebel, Regen, Regen
und Katzenschlaf.
Der Himmel schwarz
und schlammig über dem Fluß.
Aus klaffender Leere fließt die Zeit,
fließt über die Flossen
und Kiemen der Fische
und über die eisigen Augen
der Engel,
die niederfahren hinter der dünnen Dämmerung,
mit rußigen Schwingen zu den Töchtern Kains.
Ein Rauch,
ein Schatten steht auf,
geht durch das Zimmer.
Ein Feuer brennt.
Gedenke meiner,
flüstert der Staub.
Peter Huchel (1903-1981)
aus: Die Gedichte. suhrkamp taschenbuch
© Suhkamp Verlag 1984, 1997
••• Gestern kamen die „Gesammelten Gedichte“ von Peter Huchel an. Ich habe wahllos eine Seite aufgeschlagen (206) und gleich dieses starke „Engelsgedicht“ gefunden. Huchel mag ja ein wenig „alt“ sein und sein Themenkreis vorwiegend beim letzten Weltkrieg und der Nachkriegszeit liegen — aber es ist in jedem Fall eine ganz eigene poetische Stimme, wie ich finde. Diesen Gedichtband von vorn bis hinten durchzusehen, darauf freue ich mich schon.