••• Zichroni taucht nicht auf. Ich meine: Ich habe ihn noch immer nicht gesehen. Er beschränkt sich nach wie vor auf Nachrichten, die mich teilweise auf wundersamen Wegen erreichen. Sein gestriger Brief wurde im Hotel für mich abgegeben, und ich fand ihn, als ich vom arabischen Basar heimkehrte, erleichtert um einige Schekel und um die Erfahrung eines harten Feilschhandels reicher.
Aus diesem Brief nun wird die Vorstellung von ihm ein wenig deutlicher. Ich weiss allerdings noch immer nicht, worauf er hinaus will und was das alles mit den Mikvaot zu tun hat, die ich mir auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin anschauen sollte. Wo immer ich hinkomme, bin ich darauf vorbereitet, neue Nachrichten von ihm vorzufinden, die ein wenig Licht ins Dunkel dieser Geschichte bringen.
Heute nun bin ich in die judäische Wüste gefahren, um eine Mikveh zu besichtigen, die gut 2000 Jahre alt ist. Es handelt sich um das öffentliche Tauchbad neben dem westlichen Palast der Felsenfestung Massadah. Sie liegt auf einem Felsplateau, ca. 450m über dem nahen Toten Meer. Ich kam von Yerushalayim her nach zweistündiger Busfahrt gegen 11:00 dort an. Als Mann des Buches habe ich darauf verzichtet, mir selbst körperlichen Heldenmut zu beweisen und bin nicht zu Fuss aufgestiegen. Das war auch sicher eine gute Idee. Ich traf, als ich mit der Seilbahn oben ankam, einige junge Männer in bester körperlicher Verfassung, die zu Fuss hinaufgekommen waren. Und sie machten nicht den Eindruck, als würden sie sich allzu bald von den Strapazen des Aufstiegs erholen.
Luftbild: Blick auf die Festungsanlangen auf dem Plateau
Die Aussicht vom Plateau ist in alle Richtungen atemberaubend. Leider war es ein wenig diesig. Das Tote Meer war jedoch zu sehen. An den Felsen ringsum konnte ich mich kaum sattsehen. Ich fühlte mich erinnert an eine Episode aus dem „Anderen Blau“…
Massadah steckt voller Geschichte und Geschichten. Die von Herodes, König von Judäa, erbaute Festung war die letzte Bastion der jüdischen Freiheitskämpfer gegen die Römer. Am bekanntesten ist wohl der Bericht von Josephus Flavius über die letzten Tage jener Rebellen, deren Niederlage das Ende des Königreiches Judäa besiegelte, inklusive der Zerstörung des zweiten Tempels in Yerushalayim.
Josephus Flavius berichtet, dass sich die Rebellen nicht ergeben wollten. Lieber wollten sie von eigener Hand sterben. Da Selbstmord jedoch nach jüdischem Selbstverständnis keine Option ist, beschlossen sie, ihre Namen auf Tonscherben zu schreiben. So wurde ausgelost, wem die Aufgabe zufiel, eine bestimmte Anzahl Mitkämpfer zu töten. Die Auslosung wurde wiederholt, bis nur noch 10 Männer übriggeblieben waren. Auf einen fiel nun das Los, zunächst die anderen, dann sich selbst zu töten. So hatte nur einer die Last des Selbstmords zu tragen. Es wurden Ostraka mit einzelnen Namen darauf auf Massadah gefunden. Jüngere wissenschaftliche Untersuchungen halten es jedoch für unwahrscheinlich, dass es sich um jene Lose aus dem Josephus-Flavius-Bericht handelt.
Die Überreste der Mikveh auf Massadah
Wie auch immer: Als Location ist Massadah ein Reinfall. Die Mikveh ist nur noch ein Loch mit einigen Begrenzungssteinen. Selbst wenn es hier regnen sollte, würde sie kein benutzbares Tauchbad mehr abgeben. Mir ist völlig unklar, warum Zichroni mich auf diese Fährte geschickt hat. Aber vielleicht wollte er ja auch nur, dass ich die Wüste Judäas sehe, das Tote Meer und die Ruinen einer Festung mit grosser Geschichte…
Auf dem Rückweg habe ich in En Gedi Beach Halt gemacht. Zum Baden war es mir allerdings zu kalt. Ich muss mich noch erkundigen, ob das Tote Meer eine taugliche Mikveh abgeben würde. Vielleicht wollte Zichroni ja darauf hinaus, wer weiss…
Morgen nun – wenn alles klappt – werde ich in ein Beduinendorf fahren zu einer Sh’chita. Auf dem Weg dorthin hoffe ich, die Mikveh zu finden, die in meinem Bericht über Zichroni und sein mysteriöses Verschwinden die Hauptrolle spielen soll.
Am 1. Januar 2008 um 19:01 Uhr
Das Tote Meer ist bestimmt nicht um Untertauchen geeignet (Augen, Mund offen, etc.)
Am 1. Januar 2008 um 19:25 Uhr
Ich meinte: unter halachischen Gesichtspunkten. Aber das mit den offenen Augen ist natürlich ein ziemlich schlagendes Argument. Man käme wohl halb blind wieder raus.
Am 1. Januar 2008 um 20:31 Uhr
natürlich meinte ich auch unter halachischen gesichtspunkten: frauen müssen alle körperöffnungen offen halten und das wasser überall empfangen. hihihi
bei den männern reicht wohl schon einfach ein nassmachen?
Am 2. Januar 2008 um 10:47 Uhr
As you’ll probably find out for yourself, you should never let any water from the Dead Sea splash into your eyes or nose or any open wound or cracks in the skin. It can take some time to get over such a misfortunate incident!
Am 2. Januar 2008 um 22:31 Uhr
Yes, Yechezkel, you’re right. That might make the Dead Sea unsuitable as a Mikveh. But anyway – I have found the perfect location and even tried it.