Shakespeare • George

14. Dezember 2007

Was ist mein vers an neuer pracht so leer •
Von wechsel fern und schneller änderung?
Was schiel ich mit der zeit nicht auch umher
Nach neuer art und seltner fertigung.

Was ich nur stets das gleiche schreib • das eine •
Erfindung halt im üblichen gewand?
Dass fast aus jedem wort mein name scheine •
Die herkunft zeigend und wie es entstand?

O süsses lieb • ich schreibe stets von dir
Und du und liebe • ihr seid noch mein plan . .
Mein bestes: altes wort in neuer zier:
Dies tu ich immer • ists auch schon getan.

So wie die sonne täglich alt und neu
Sagt meine liebe schon gesagtes treu.

William Shakespeare, Sonett LXXVI
Umdichtung: Stefan George (1909)

••• Wie ich via Lotrees erfahre, bringt Klett-Cotta im Rahmen der grossen kommentierten George-Ausgabe Anfang 2008 Band 12 mit den Georgeschen Umdichtungen der Shakespeare-Sonette, und zwar – wie der Verlag anmerkt – erstmals in kritischer Edition.

Mit diesem Band liegt nun die große Übertragung der Sonette Shakespeares mit kritischen Anmerkungen und erläuterndem Kommentar vor. Sie machen so zum ersten Mal die Übersetzungsleistung Georges detailliert nachvollziehbar und ermöglichen dem Leser und der Wissenschaft einen neuen Zugang zum Text und seiner Entstehung.

Das werde ich mir anschauen müssen. Andererseits ist die 1964 ebenfalls bei Klett-Cotta erschienene Ausgabe auch verführerisch. Und die ist bei Amazon schon für 10 Euro zu haben… Immer diese Entscheidungen!

Gefunden habe ich obige Übersetzung online. Am selben Ort werden diverse deutsche Übertragungen von über zwanzig der Shakespearschen Sonette präsentiert.

7 Reaktionen zu “Shakespeare • George”

  1. krimileser

    George scheint ja eine „Glaubensfrage“ zu sein, aber dennoch passt hierher vielleicht der nette Text, mit dem Titel Sakrileg an George oder Sühne an Shakespeare , den Karl Kraus über George Übersetzungen der Sonette schrieb.

  2. Benjamin Stein

    Vielen Dank für den Hinweis, dem ich mit Interesse nachgehe. Ein George-Jünger bin ich sicher nicht. Aber ich meine, man kann ihn unmöglich ignorieren. Denn bei aller Kritik, die man an George anbringen mag, ist seine Dichtung sicher ein Meilenstein in der deutschsprachigen Lyrik.

  3. Benjamin Stein

    Totholz jede Zeile.

    Mein lieber Krimileser, hätte ich diesen Beitrag nicht erst jetzt gelesen, ich hätte mir die Bestellung der Umdichtungen (die ich ja eben noch nicht kenne!) sparen können. Denn was der (leider unbekannte) Autor hier an wirklicher Wortkriminalität in Georges Übersetzungen vorführt, das hat es wirklich in sich.

  4. Karl Kraus verreisst George « Turmsegler

    […] Die Quelle harschester Kritik an Georges Shakespeare-Umdichtungen, auf die der krimileser gestern hinwies, war insofern ein wenig dürftig, als der Autor im Dunkeln blieb. Glücklicherweise […]

  5. krimileser

    Lieber Benjamin Stein

    Ja, „Totholz“ hat sich zu einem festen Bestandteil meiner Wortsprache etabliert.

    Unbekannter Autor? Glaub‘ ich nicht!

    Karl Kraus ist einer der bedeutendsten Satiriker der deutschen Sprache (die Fakel) und und auch Kritiker und Dramatiker (Die letzten Tage der Menschheit) gewesen.

    Von ihm gibt es selber eine Übersetzung der Sonette, die, soweit ich weiß, nur aufgrund seines Ärger mit der Georgeschen Fassung geschrieben wurde.

    Beste Grüße
    krimileser

  6. Benjamin Stein

    Moment: unbekannt ist Karl Kraus sicher nicht. Unbekannt war mir, dass Karl Kraus Autor dieses Verrisses war. Ich hätte schwören können, Sie hätten in Ihrem Kommentar den Namen auch nicht genannt. Nun – jetzt ist ja alles aufgeklärt.

  7. krimileser

    Lieber Benjamin Stein,

    in meinen ersten Kommentar hatte ich KK genannt:

    „den Karl Kraus über George Übersetzungen der Sonette schrieb.“

    Beste Grüße

    Krimileser

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