The Weed – © ~kelc@deviantart.com (2007)
Ich ging in dich hinein wie in ein Feld
voll Sommerduft und reicher Ährenlast.
Ich baute mir in dir ein Garbenzelt
und wähnte mich in einem Goldpalast.
Die Tage flogen wild um unser Haus,
die Vögel zogen in uns ein und aus,
der blonde Weizen rieselte wie Wein
in unsern tiefen Kelch der Lust hinein.
So war mein Leben auf ein Tun gestellt:
Dein Herz umspannte meine ganze Welt,
und alle Fluren tanzten um mein Glück.
Da kamen Winde und verwirrten dich,
da kamen Falter und entführten dich,
und ließen mich im Stoppelfeld zurück.
Rose Ausländer
aus: „Der Regenbogen“ (Sonette), IX
••• Ich wollte wirklich kürzer treten mit den Sonetten. Aber man begegnet ihnen auf Schritt und Tritt. „Der Regenbogen“ ist ein Sonettenzyklus von Rose Ausländer, Gedichte an einen Geliebten. Sie haben mich gleich sehr berührt. Die direkte Ansprache ist mir sehr vertraut. Und es gelingen ihr immer wieder sehr starke Bilder, die sie konsequent ausgestaltet wie etwa hier die Feld-Metapher.
Drei der Sonette möchte ich in den nächsten Tagen vorstellen, jedes ein Meisterwerk und jedes mit dem gewissen Czernowitzer Klang, der mich auch bei Celan so gefangen nimmt.