Der lebenslange Tag verging

13. April 2007

Rabindranath Tagore und Mahatma Gandhi

Das Lied, das ich zu singen kam, bleibt ungesungen
Bis zu diesem Tag.

Ich habe meine Tage hingebracht, um Saiten aufzuziehn
An meinem Instrument – und wieder abzunehmen.

Es ist noch nicht die rechte Stunde;
Die rechten Worte sind noch nicht gesagt.
Allein der bittre Schmerz der Wünsche
Ist in meiner Brust.

Noch ist die Blüte nicht geöffnet,
Der Wind nur singt sein Klagelied.

Ich hab Sein Antlitz nicht gesehen,
Noch hab ich seine Stimme sprechen hören,
Ich habe nur die leisen Tritte Seiner Füße
Am Weg vor meinem Haus vernommen.

Der lebenslange Tag verging, Ihm einen Teppich
Auf den Flur zu breiten, doch die Lampe
Ist noch nicht entzündet.
Ich kann ins Haus ihn noch nicht bitten.

Ihm zu begegnen ist mein ganzes Hoffen –
Doch dafür ist die Zeit noch nicht gekommen.

Rabindranath Tagore, aus: „Gitanjali“

••• „Der lebenslange Tag verging, Ihm einen Teppich / auf den Flur zu breiten, doch die Lampe / ist noch nicht entzündet.“ Immerhin, denke ich mir, habe ich schon das Streichholz in der Hand. Es kann nicht mehr lange dauern. Oder doch?

2 Reaktionen zu “Der lebenslange Tag verging”

  1. Markus

    Danke!

  2. Benjamin Stein

    Gern geschehen. Vom Coron-Verlag gibt es übrigens auch vom „Gitanjali“ eine der schönen Nobelpreisfreunde-Ausgaben genau der Übersetzung, die ich hier zitiere. Über Amazon ist sie noch gebraucht zu bekommen.

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