Gezüchteter Gruppenzwang

28. Februar 2007

47 ••• Soll man diesen Beitrag wirklich zur Lektüre empfehlen? Ich muss es, wenn sich etwas in mir auch dagegen sträubt. Wirklich überraschend ist es nicht, immer mehr Personen der Gruppe 47 verstrickt zu finden in die braune Vergangenheit. Man sollte Bescheid wissen, sicher, aber was dann? Das Literaturwelt-Blog, das dankenswerterweise auf den taz-Artikel aufmerksam macht, zitiert den entscheidenden Satz:

…letztendlich beruhte das ganze erfolgreiche Konzept der Gruppe 47 von Anfang an auf Prätention – und Medienmacht. Was man daraus vielleicht lernen kann: Vor 60 Jahren saßen ein paar Publizisten zusammen und erklärten sich selbst zur Elite. Vielleicht kann aus so etwas nie etwas Gutes werden. Gruppenzwang fördert Unaufrichtigkeit.

Ich habe – ob zu Recht oder Unrecht – in dieser Gruppe immer eine PR-Veranstaltung gesehen, umso unangenehmer, da man das Zeigefingerschwenken als Trampolin benutzte, um sich so ganz nebenbei in die Höhen eines hohen Bekanntheitsgrades zu befördern. Solch propere moralische Instanzen sind mir einfach verdächtig, heissen sie nun Grass oder Friedmann – kein Unterschied. Und um es klar zu sagen: Jedem seine Irrtümer! Nichts ist menschlicher. Das Aufspielen ist das Widerliche, das Vordrängen, das Besserwissen, um nur ja häufig und gut beleuchtet auf der Bühne zu stehen.

Es ärgert mich, dass ich nicht aufhören kann, mich über Grass und Freunde zu erregen. Warum es mich ärgert? Weil der Aufruhr wieder Zeitungs- und Magazinseiten füllt, weil er wieder der Publicity dieser Herr- und Frauschaften dient.

„Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass…“ Ich würde mir Gleichgültigkeit wünschen. Aber die Publicity-Masche von damals zieht immer noch.

3 Reaktionen zu “Gezüchteter Gruppenzwang”

  1. Hilbi

    also bei Friedman, bei Friedman bin ich sehr zwiegespalten, eigentlich sogar überhaupt nicht zwiegespalten. ich habe ihn bei einer Rede und während eine Veranstaltung gegen die NPD erlebt und ich war beeindruckt und im wahrsten Sinne des Wortes ergriffen von seinen Worten, die kamen so klar daher wie man sie viel zu selten findet in diesem Land. Das war so eine richtige Gänsehautrede, so was kommt selten vor und geht mir höchstens noch bei der Musik von Goran Bregovic so, ansonsten mag Friedman ein streitbarer sein, meinetwegen, aber besser so einer, als bloß so Sozialdemokraten wie Grass, Grass ist so ziemlich das deutscheste was die Literatur in diesem Land zu bieten hat. Keine Ahnung warum er den Nobelpreis bekommt, Aleksander Tsma oder Susan Sontag hätten ihn beide viel eher verdient.

    Aber diese Literaturgruppen, das ist eh ein Thema für sich, ob hier im sogenannten realen Leben oder auch im Internet, sie funktionieren nur durch Unterwerfung, es gibt, behaupte ich mal, keine einzige Literaturgruppe die ohne buckeln auskommt, das beste Beispiel nenne ich nicht, weil das albern wäre :-)

  2. Benjamin Stein

    Raus mit der Sprache, welche Gruppe meinst Du?

    Dass Friedmann Dich berührt hat, freut mich. Also hat er auch gute Tage :-) Und der Günter? Da bin ich aufgrund eines persönlichen Zusammenstosses sehr emotional und sicher nicht gerecht. Es ging mir hier ja auch nicht um Bashing, sondern um eine bestimmte Masche.

    Was die Nobelpreise angeht: Ich stelle jetzt fest, wie viele meiner liebsten Dichter Nobelpreisträger waren: Salvatore Quasimodo, Gabriela Mistral, Pablo Neruda (von dem in Kürze die Rede sein wird!). Und die Reihe lässt sich fortsetzen.

    Es geht bei diesem Preis nun allerdings nicht nur um Literatur. Er ist immer auch ein Politikum. So passt die Gruppe 47 wunderbar in die Choreographie des künftigen Nobelpreisträgers. Und so musste das Geständnis der SS-Verstrickung auch so spät kommen. Auch das ist Choreographie. Und dieser berechnende Umgang mit Wahrheit, Moral und Popularität regt mich – gelinde gesagt – enorm auf.

  3. Hilbi

    aber Neruda hat ihn doch und in den letzten Jahren war ich sehr sehr einverstanden mit der Wahl, das fing nicht erst mit der Jelinek an aber auch nicht auf, letztes Jahr Pamuk oder Pinter, aber Neruda, Neruda hat ihn auch und mit recht. Aber Gabriela Mistral, die durfte ich erst hier kennenlernen, aber auch sehr groß. Alle können ja den Preis aller Preisenicht bekommen und eigentlich ist es ja nicht wirklich ein Preis sondern eine Anerkennung, die größte überhaupt.

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