Ein dicker Junge spielt mit einem Teich.
Der Wind hat sich in einem Baum gefangen.
Der Himmel sieht verbummelt aus und bleich,
Als wäre ihm die Schminke ausgegangen.
Auf lange Krücken schief herabgebückt
Und schwatzend kriechen auf dem Feld zwei Lahme.
Ein blonder Dichter wird vielleicht verrückt.
Ein Pferdchen stolpert über eine Dame.
An einem Fenster klebt ein fetter Mann.
Ein Jüngling will ein weiches Weib besuchen.
Ein grauer Clown zieht sich die Stiefel an.
Ein Kinderwagen schreit und Hunde fluchen.
Alfred Lichtenstein (1889-1914)
••• An den Kyrill-Tagen kamen hier ja zwei (Vor)-Expressionisten zu ihrem Recht. Dabei bin ich auf eine Perle von Alfred Lichtenstein gestossen, die ich den Turmseglern nicht vorenthalten wollte.
Bei der Gelegenheit können wir gleich noch etwas für unsere Bildung tun. Die Site, auf der ich „Die Dämmerung“ gefunden habe, ist sehr pädagogisch.
Hoffentlich gibt es keine allergischen Reaktionen auf die Antikörperchen. Interpretationen hin oder her: Über Lotrees Literatur-Blog habe ich gerade von einem Interview mit Klaus Wagenbach erfahren, in dem er die germanistischen Foltereien der schulischen Textanalysen beklagt und dazu auffordert, mehr vorzulesen:
Trotzdem: Ich würde sagen Vorlesen, Vorlesen, Vorlesen, Vorlesen. Alles das, was die Eltern nicht mehr tun, was die Großeltern nicht mehr tun, was der Pfarrer sowieso nicht tut, Vorlesen. Texte vorlesen, ohne sie weiter zu kommentieren und besonders ohne sie mit diesen furchtbaren germanistischen Folterinstrumenten zu interpretieren, sondern einfach Gedichte vorlesen. Das behält man.
Recht hat er.