Bereitsein war alles

19. Dezember 2006

Um mich vorzubereiten
auf die Belagerer
lernte ich
mein Herz immer kürzer halten

Das dauerte lange
Jetzt nach Jahren der Übung
versagt mein Herz
und ich sehe im Sterben das Land

als hätte nur ich
mich belagert
von innen
und hätte gesiegt:

Alles leer
Weit und breit
keine Sturmleitern
keine Feinde

Erich Fried, aus: „Als ich mich nach dir verzehrte“,
Wagenbach SALTO (1991)

••• Mein erstes Romanmanuskript „Der Libellenflügel“ lag – noch vor 1989 – lange beim Mitteldeutschen Verlag. In der DDR entschieden über Erscheinen oder Nichterscheinen eines Buches nicht nur die Verlage. Ganz abgesehen davon gab es genügend berechtigte Bedenken gegen eine Veröffentlichung, und ich bin froh, dass das Buch nie erschienen ist.

Irgendwann 1990 gab ich mir die ungeheure Blösse, das Manuskript bei Wagenbach persönlich vorbeizubringen, in deren Programm das Buch nicht einmal gepasst hätte, wenn es grosse Prosa gewesen wäre.

Es war schneller wieder bei mir zu Hause als ich selbst.

Einige Jahre später – „Das Alphabet des Juda Liva“ war inzwischen bei Ammann erschienen – war ich zur Feier des xten Bestehens des Wagenbach Verlages eingeladen. Der Verleger hielt eine Rede und berichtete stolz, man habe erfolgreich eine Klage gegen diverse Verlage der ehemaligen DDR angestrengt. Die Verlage hatten über Jahre zu viele Gestattungsexemplare gedruckt. Dabei handelte es sich um Lizenzausgaben westdeutscher Verlage, die ausschliesslich für den Verkauf in der DDR bestimmt waren. Die Lizenzen mussten in Devisen, also harter Währung, bezahlt werden; und entsprechend konnten nur Rechte für sehr begrenzte Auflagen erworben werden. Man klagte nun auf Schadenersatz in beträchtlicher Höhe. Das, so der Verleger, würde einige der betroffenen Verlage in wirtschaftliche Bedrängnis bringen. Aber der Gerechtigkeit sei so nun endlich Genüge getan.

Ich verliess die Veranstaltung, bevor die Rede zu Ende war. Ohne jene DDR-Verlage und das Engagement einzelner Lektoren dort und sicher auch ohne die schwarz gedruckten Exemplare hätte ich viele Bücher, die mir viel bedeuteten, nicht lesen können.

Nein, warm geworden bin ich mit Wagenbach nicht. Aber schöne Bücher machen sie, nach wie vor.

Postscriptum:

Ehrenpreis für Verleger Klaus Wagenbach

Der seit 1990 vom Hauptverband des Österreichischen Buchhandels vergebene „Ehrenpreis für Toleranz in Denken und Handeln“ geht in diesem Jahr an den Verleger Klaus Wagenbach. Die mit 7.200 Euro dotierte Auszeichnung wird wurde am 13. November 2006 im Rahmen der Buchwoche in Wien verliehen.

(gefunden als Meldung bei TourLiteratur)

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