Zwölf Dutzend Spatzen

Mittwoch, den 9. September 2015

Wiebke Porombka im »Traumschiff«-Gespräch mit Alban Nikolai Herbst (08.09.2015, Literarisches Colloquium Berlin)
Wiebke Porombka im »Traumschiff«-Gespräch mit Alban Nikolai Herbst

Wer eine Stadt seiner Sehnsucht erreicht, dem ist sie erlaubt.

Alban Nikolai Herbst
»Traumschiff«, mare 2015

••• 52° 29′ 13″ N / 13° 22′ 32″ O: Das ist Kreuzberg, auf der weniger schönen Seite des Viktoriaparks. In Bayern sind noch Ferien, die Kinder bei uns. In den Urlaub fahren konnten wir nicht, aber wir haben für einige Tage einen Ausflug nach Berlin gemacht. Geplant war eigentlich, dass ich die Party zum 20. Geburtstag des Verbrecher-Verlages besuche. Stattdessen fuhren wir gestern zum Wannsee hinaus, um im Literarischen Colloquium die erste öffentliche Lesung aus Alban Nikolai Herbsts neuem Roman »Traumschiff« zu erleben. Das war ein rechter Familienausflug: mein Vater, Einat und ich, die Teenager-Kids und Leo im Tragetuch, eine kleine Karawane.


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Giacomo Joyce

Mittwoch, den 5. September 2012

Giacomo Joyce - Faksimile

••• Alban Nikolai Herbst und Helmut Schulze verdanke ich diverse Inspirationen. Auf ihre Weblogs – Herbsts »Dschungel. Anderswelt« und Schulzes »parallalie« – wurde hier schon öfters Bezug genommen. Umso mehr freut es mich, dass beide sich seit kurzem gemeinsam einem literarischen Vorhaben verschrieben haben, dessen Fortschritt man in ANHs Weblog live mitverfolgen kann.

Die Rede ist von einer Neuübersetzung des »Giacomo Joyce« von James Joyce.


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Des Teufels Labyrinth

Mittwoch, den 4. April 2012

Volltext

••• Gestern wurde ich freudig überrascht. Ich lag angekränkelt im heißen Badewasser und las die aktuelle »Volltext«. Mit diebischem Vergnügen stieg ich ein mit »„Kitsch“ ist die deutsche Wortwaffe schlechthin«, Julia Francks wehrhafter Erwiderung auf die fragwürdige Kritikerschelte für ihren aktuellen Roman »Rücken an Rücken«.

Es heißt ja, man solle die Klappe halten, auf Kritiken grundsätzlich nicht reagieren. Da ist Vernünftiges dran, aber eben auch viel Opportunismus, der sich daraus erklärt, dass wir Autoren mit den Rezensenten in einer Art unseligen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Ein Buch, das nicht besprochen wird, ist wie nicht existent, Beschwiegenwerden, Verschwiegenwerden für Autoren also existenzbedrohend. Dem Rezensenten, selbst dem unfähigsten, bieten sich allzu viele alternative Möglichkeiten; man kann ja andere und anderes besprechen. Was nun hier in der aktuellen »Volltext« geschieht, dreht den Spieß aber um: Mit deutlichen und fundierten Worten bekommt der Kritiker, was er in diesem Fall auch verdient. Da es in dieser Form und in dieser Zeitschrift geschieht, handelt es sich nicht um narzisstische Moserei, sondern um Diskurs im Sinne der Sache. Das gefällt mir außerordentlich. Autoren, wenn sie so sorglos und unreflektiert behandelt werden, trifft es jeweils in ganzer Person und Werk. Wann kommt es schon einmal vor, dass ein Kritiker für Schlamperei und Oberflächlichkeit ebenso mit vollem Namen einstehen müsste, dass man es ihm und damit ihn selbst vorführt?


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Pinocchio in Leipzig

Montag, den 19. März 2012


Pinocchio ist mir in Leipzig mehrfach begegnet

••• Ich bin noch eine Nacht länger in Leipzig geblieben als das Gros der Messebesucher und Literaturbetriebler, denn für mich geht es heute (und das hier schreibe ich im Zug) nach Hamm in Westfalen. Dort steht eine »Leinwand«-Lesung auf dem Programm. Der Veranstalter allerdings, den ich am Beck-Stand traf, hat mich auch um eine »Replay«-Kostprobe gebeten, wenn das Publikum nach dem »Leinwand«-Hauptprogramm noch in Stimmung sein sollte.

Es gab im Turmsegler keine Wortmeldungen von mir in den letzten Tagen. Über Facebook und Twitter konnte man sporadisch mitbekommen, wo ich mich rumtrieb und was sich ereignete. Hier Fotos oder gar einen zusammenhängenden Bericht einzustellen, dafür fehlte – ich gebe es offen zu – der Drive. In diesen Messetagen bin ich zwischen Turbo und Ohnmacht geschwankt. Zu viel persönlich Belastendes trug ich im Gepäck, also mehr emotionale als körperliche Erschöpfung. Ich habe mir, wenn auch die Nächte, wie auf einer solchen Messe üblich, ziemlich kurz gerieten, ein paar Stunden Extraschlaf untertags gegönnt, Spaziergänge durch die wunderbaren Frühlingstage in Leipzig, Sauna (brauchbar im Hotel), Thai-Massage (zu empfehlen und direkt neben dem Hotel). In diesen Tagen heißt es vor allem: ausschwitzen und Haltung bewahren, über die körperliche Wohltat und das Sich-selbst-Fühlen dem Emotionalen immerhin einen Boden bieten, auf dem es sich abstützen könnte…


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Wir fanden, aber wir hielten es nicht

Sonntag, den 22. Januar 2012

Wir fanden, aber wir hielten es nicht und versagten. Es nahm unsern Kopf in die Hände und küßte ihn. Lange war’s da. Doch immer vergeht, was wir haben, sowie wir es haben. Es flieht, um dann wirklich zu bleiben: als eines, das war. Bliebe es anders, verlör’s sich, sich duckend, im Alltag. Für niedrige Türen, Geliebte, ist Liebe zu groß und verrenkt sich, gedemütigt, rutscht, wenn wir sie schieben, auf Knien, verbeißt sich den Stolz. Und erträgt’s nicht.

Merkten wir nicht, was wir taten? Wie oft putzten wir Zähne gemeinsam, aßen so sprachlos zu Abend, die Aufmerksamkeiten erlascht, wie ein Echo ins Mehl klingt, dem schwarzen für Brot, das uns nährt, aber stumpf macht: das Brot stumpf, das Herz stumpf. So kauen wir. Stromrechnung, Miete, die tägliche Rücksicht, der Einkauf, beiseitegeschobne, als würden sie schänden, Verlangen. Die Zimmer zu schmale, wir spüren Verlust, aber schweigen ums Unheil. Denn sprächen wir’s aus, es wär ein Verrat, denkt man, der’s weckte und herlockt. Plötzlich, da stehn wir uns fremd da, uns selbst und als Fremde einander. Da gingst du.

Verlust ist des Bleibenden Anfang […]

Alban Nikolai Herbst, aus:
»Das bleibende Thier • Bamberger Elegien«
Vierte Elegie

••• Von meinem Besuch letztens in der Arbeitswohnung von Alban Nikolai Herbst – es war mein erster bei ihm – nahm ich ein kleines Buch als Geschenk mit. Sobald ich konnte, am nächsten Morgen im Hotel, begann ich zu lesen und vertagte die Lektüre nach zwei Seiten. Im Vorbeigehen, wusste ich, würde ich dieses Buch nicht lesen können. Ein paar Tage später, wieder zu Hause in München, begann ich erneut. Und wieder wollte es mir nicht gelingen, mich auf den Text einzulassen.


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Burroughs über Kritiker

Freitag, den 13. Januar 2012

Critics constantly complain that writers are lacking in standards, yet they themselves seem to have no standards other than personal prejudice for literary criticism. (…) such standards do exist. Matthew Arnold set up three criteria for criticism: 1. What is the writer trying to do? 2. How well does he succeed in doing it? (…) 3. Does the work exhibit »high seriousness«? That is, does it touch on basic issues of good and evil, life and death and the human condition. I would also apply a fourth criterion (…) Write about what you know. More writers fail because they try to write about things they don’t know than for any other reason.

William S. Burroughs
in : »A Review of the Reviewers«

••• Kaum zu glauben, dass hier noch nie von William S. Burroughs die Rede war! In den letzten Tagen ist er mir mehrfach begegnet. Zum einen versuche ich gerade, den filmischen Inspirationen nachzuspüren, die in »Replay« Spuren hinterlassen haben. Tatsächlich nämlich habe ich beim Schreiben wahllos und unbewusst in diesen Fundus diffuser Inspirationen gegriffen. Wenn ich nun aber einige Filme wie »Blade Runner«, »Mulholland Drive«, »Vanilla Sky«, »Magnolia«, »eXistenZ« und – eben – »Naked Lunch« noch einmal ansehe, sind die Einflüsse sehr augenscheinlich. Das gefällt mir.


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Kleine Theorie des Literarischen Bloggens

Montag, den 17. Oktober 2011

Alban Nikolai Herbst: Kleine Theorie des Literarischen Bloggens••• Ich musste nachsehen. Es ist tatsächlich schon wieder vier Jahre her, dass ich als Herausgeber und beitragender Autor an einer sehr interessanten Sonderpublikation von spatien über Literarische Weblogs beteiligt war. Dreizehn Autorinnen und Autoren, die Literarische Weblogs betreiben, äußerten sich in diesem Buch mit theoretischen Texten und illustrierenden Beispielen aus ihren Blogs zu der Frage, was ihnen das Literarische Weblog bedeute. So illuster der Kreis der Autoren war, so vielfältig fielen auch die Ansichten zum Thema aus.

Unter den damaligen Autoren fand sich selbstverständlich auch Alban Nikolai Herbst. Selbstverständlich deshalb, weil sein Blog »Die Dschungel. Anderswelt« so etwas wie das Urgestein unter den Literarischen Weblogs deutscher Sprache ist. Er hat vor uns allen begonnen, und man konnte sich damals schon des Eindrucks nicht erwehren, dass man ihn auch nicht würde »einholen« können, dass man nicht würde aufschließen können. Für Herbst nämlich, so stellte es sich dar, war (und ist) sein Dschungel nicht einfach nur irgendeine Plattform der öffentlichen Präsentation seines Arbeitens, sondern das Weblog ist ein Grundpfeiler seines literarischen Werkes. Entsprechend aktiv führt er es. Entsprechend vehement entwickelt er auch seine poetologischen Überlegungen rund ums literarische Bloggen weiter.

Seit geraumer Zeit gibt es in den Dschungeln eine Rubrik mit dem Titel »Kleine Theorie des Literarischen Bloggens«, in der Herbst den wesentlichen Teil dieser poetologischen Überlegungen kondensieren lässt. Hartmut Abendschein, der seinerzeit bereits die Anthologie »literarische weblogs« verlegerisch betreut hat, stellt nun in seiner zu einem Verlag mit kontinuierlich wachsendem Programm gereiften edition taberna kritika unter genau dem Titel der Dschungel-Rubrik eine Essenz der Herbstschen Überlegungen zum Literarischen Bloggen als Buch vor. »Erste Lieferung« heißt es im Untertitel, und das 130 starke Paperpack schließt mit dem Hinweis: »Fortzusetzen.«


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