Traumnovelle

31. Oktober 2011

Nicole Kidman in »Eyes Wide Shut«
Nicole Kidman in »Eyes Wide Shut«

… »Was sollen wir tun, Albertine?«

Sie lächelte, und nach kurzem Zögern erwiderte sie: »Dem Schicksal dankbar sein, glaube ich, daß wir aus allen Abenteuern heil davongekommen sind – aus den wirklichen und aus den geträumten.«

»Weißt du das auch ganz gewiß?« fragte er.

»So gewiß, als ich ahne, daß die Wirklichkeit einer Nacht, ja daß nicht einmal die eines ganzen Menschenlebens zugleich auch seine innerste Wahrheit bedeutet.«

»Und kein Traum«, seufzte er leise, »ist völlig Traum.«

Sie nahm seinen Kopf in beide Hände und bettete ihn innig an ihre Brust. »Nun sind wir wohl erwacht«, sagte sie – »für lange.«

Für immer, wollte er hinzufügen, aber noch ehe er die Worte ausgesprochen, legte sie ihm einen Finger auf die Lippen und, wie vor sich hin, flüsterte sie: »Niemals in die Zukunft fragen.«

Arthur Schnitzler: »Die Traumnovelle«

••• Zu den »Brosamen aus den Entertainment-Kanälen«, die in Ed Rosens Replays eine Rolle spielen, zählt auch Kubricks grandioser Film »Eyes Wide Shut«. Was für ein Versäumnis, dass ich, während ich »Replay« plante, zwar den Kubrick-Film erneut angesehen, die literarische Vorlage aber – Schnitzlers »Traumnovelle« – nie gelesen habe.

Das habe ich nun nachgeholt, und zwar kostenfrei. Das Werk ist unterdessen gemeinfrei und bei Amazon für lau als Kindle-Book zu haben. Ebenfalls kostenfrei bietet Amazon unterdessen Kindle-Reader für PC und Mac sowie für iOS (iPhone und iPad) an. Man muss also nicht einmal einen Hardware-Kindle kaufen, um in den Genuss der unterdessen gemeinfreien Titel per eBook zu kommen.

Ich hatte keine Ahnung, wie nahe Kubrick sich an die literarische Vorlage hält, und zwar bis in die großartigen Dialoge hinein. Mit behutsamer Hand hat er die Handlung aus dem Wien der frühen 1920er Jahre ins New York um die Jahrtausendwende verlegt und lediglich dort gekürzt oder modifiziert, wo beispielsweise Traumszenen dem heutigen, weniger an katholischer Symbolik geschulten Zuschauer nicht mehr den gleichen glaubwürdigen Eindruck hätten vermitteln können wie in der Originalvorlage.

Natürlich altertümelt es sprachlich gelegentlich bei Schnitzler, aber dieser Umstand tritt völlig zurück hinter seiner gekonnten Dramaturgie, der Traumgestaltung und den Dialogen. Ich habe die Lektüre sehr genossen und ziehe im Nachhinein tief den Hut vor Schnitzler und erneut vor Kubrick.

4 Reaktionen zu “Traumnovelle”

  1. Bonaventura

    Just my 2 Cents: »» hier.

  2. Benjamin Stein

    Und keiner hat das »easter egg« in diesem Beitrag entdeckt…

  3. Kerstin Klein

    Doch. Ist ja nicht möglich, dass Du Kidman erwähnst, ohne ihren Po zu zeigen. ;)

  4. Benjamin Stein

    Insiderin! :-)

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