Liebe auf den ersten Blick

1. September 2009

Natürlich denke ich
auch schon an deinen Schoß
wie ich ihn küssen
will daß er naß wird
und wieder trocken
und was mir
oder meinen Fingern
einfallen wird bei dir

Du findest das ungehörig?
Gut: wenn es dir lieber ist
will ich deine Haare
nahe an deinem Ohr
nur fast, doch nicht wirklich küssen
und an deine Augen denken
und mir ein für alle mal sagen
daß dein Schoß für
mich nicht existiert.
So fügsam bin ich –
Warum bist du jetzt beleidigt?

Wahrscheinlich glaubst du
wenn zwei Menschen einander sehr bald
ihre Namen sagen
und miteinander essen
und fragen was sie arbeiten
und was sie denken
daß daraus dann nie mehr
eine wirkliche Freundschaft wird

Erich Fried (1921-1988)

••• Ich habe noch weiter in dem Fried-Band gestöbert. Mir ist aufgefallen, dass es wohl Markus‘ »Schuld« sein muss, dass wir jetzt hier sowas verhandeln, genau, das Vinícius-Interview: »Aber ich glaube auch, dass jene Liebe, die für die Ewigkeit erschafft, die Liebe der Leidenschaft ist. Diese Liebe ist die einzige, die diese Dimension der Ewigkeit besitzt.« Wie kommt er eigentlich darauf?

Ich lese gerade einen Band mit Interviews, die Lawrence Grobel mit Truman Capote geführt hat. In einem dieser Interviews geht es um »Liebe, Sex und Angst«.

Grobel: Sie haben einmal geschrieben, nur die wenigsten von uns wüßten, dass Liebe Zärtlichkeit ist, und nur wenige verstünden dies. Was, meinen Sie, ist Liebe für die meisten Menschen?

Capote: Sex.

Grobel: Im Ernst?

Capote: Hm-mmm.

Grobel: Glauben Sie nicht, dass die meisten da einen Unterschied machen?

Capote: Ich glaube, irgendwie beginnt es im Kopf der Leute als Sex, dann aber kann sich etwas anderes daraus entwickeln. […]

Wagenbach übrigens, der ja diverse Frieds im Programm führt, unterhält auch eine sehenswerte Fried-Website. Da gibt es noch mehr Gedichte, kopiersicher in Flash verpackt. Na, hier wird ja eh aus dem Gedächtnis zitiert!

2 Reaktionen zu “Liebe auf den ersten Blick”

  1. Markus

    Wie kommt er eigentlich darauf?

    Nur die Leidenschaft kommt in ihrer Masslosigkeit an die Ewigkeit heran.

  2. Sonett Nr. 19 « Turmsegler

    […] mit einem Sonett von Brecht begonnen haben, soll nach dem Quartett-Muster A-B-B-A auf Brecht-Fried-Fried auch noch ein Brecht-Sonett […]

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